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Bild 1 von 4. Musikalischer Sog ohne Ton: Christian Marclays Ausstellung «Action». Bildquelle: René Rötheli, Baden.
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Bild 2 von 4. Durch den lautmalerischen Begriff des Comic auch als Klang im Bild: der Tropfen in «Red Plop» (2014). Bildquelle: White Cube (George Darrell).
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Bild 3 von 4. «Manga Scroll» (2010), Marclays lange Papierrolle mit einer Collage aus den Lautmalereien japanischer Mangas. Bildquelle: Courtesy the artist and Paula Cooper Gallery, New York, Photo: Will Lytch.
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Bild 4 von 4. Seit langem ein Grenzgänger zwischen bildender Kunst und Musik: der in Genf aufgewachsene Christian Marclay. Bildquelle: Courtesy the artist and Paula Cooper Gallery, New York.
Still ist es im Museum. An den Wänden hängen stumme Werke und leise bewegen sich davor die Besucherinnen und Besucher. Erstaunlicherweise gilt das auch für die Ausstellung «Action» im Aargauer Kunsthaus in Aarau. Gezeigt wird ein Überblick über Werke von Christian Marclay. Der lässt Kunsträume üblicherweise vor Sounds vibrieren.
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Eine Hand, eine Tür und «Toc Toc Toc»
Christian Marclay hat als Künstler schon immer mit Klängen gearbeitet. Anfang der 1980er-Jahren arbeitete er mit zerbrochenen Schallplatten, die er neu zusammensetzte. Im sogenannten «Turntablism» brachte er Klänge in neue Zusammenhänge, wie das die musique concrète im E-Bereich und der Hiphop mit seinen Samples und Scratches im Pop tat.
Klänge untersucht Marclay auch seit rund 40 Jahren in seinen Arbeiten zur Lautmalerei. In den frühen 80er-Jahren etwa bearbeitete er Seiten aus Comicbüchern, übermalte die Handlung und die Sprechblasen mit schwarzer Farbe und liess nur das lautmalerische «Toc Toc Toc» auf dem Blatt stehen.
Blitzendes «Bäng» und fallendes «Throam»
«Lautmalerei ist eindeutig mehrdeutig», sagt Christian Marclay im Gespräch. Einerseits wird sie im Comic als Teil des Bildes angeschaut, andererseits um der Klarheit willen gelesen. Wer im Comic eine Hand und eine Tür sieht, weiss nicht, worum es geht. Dass hier geklopft wird, klärt erst das «Toc Toc Toc».
Über 100 Werke sind in Aarau zu sehen. Besonders beeindruckend ist die grosse Videoinstallation «Surround Sound». Die lautmalerischen Begriffe des Comic werden hier animiert: Das «Bäng» blitzt gelb und zackig auf, schnell wie ein Faustschlag taucht es auf und verschwindet wieder. Oder ein schweres «Throam» fällt von oben herab. Die animierte Bewegung unterstützt jeweils den Klang der Lautmalerei, verstärkt ihn und übersetzt die sprachliche Äusserung in das Medium der Bewegung.
Unterschiedliche Sounds je nach Schriftart und Grösse
Übersetzungen finden sich in der Ausstellung auch auf grossen abstrakten Bildern, die Marclay in der Manier der «Action Paintings» von Jackson Pollock malte. Farbtropfen und Verwischungen sind deutlich sichtbar; Marclay liess darüber aber ausserdem den Klang der Malerei drucken: «Plop» über die Tropfen, «Slush» über die Verwischungen. Diese Bilder lassen sich hören und sehen. Und irritieren in ihrer Überdeutlichkeit.
Ganz schön verwirrend ist auch «Manga Scroll», eine lange Papierrolle mit einer Collage aus den Lautmalereien japanischer Mangas. Auch hier wird Klang in etwas visuell Wahrnehmbares übersetzt. Lange Reihen von «EEEE»s evozieren je nach Grösse und Schriftart unterschiedliche Sounds, vom nervtötenden Quietschen bis zur erlösenden Stille.
Verführung zur eigenen Klang-Interpretation
«Manga Scroll» ist eine Partitur für Sänger, die lautmalerischen Begriffe schlängeln sich in Reihen über das Blatt, teilen sich auf, ballen sich wieder zusammen, explodieren in Einzelteile. Das ist grafisch exquisit gelöst und entwickelt einen Sog, auch wenn keiner singt. Er belausche manchmal die Betrachter, wie sie die Lautmalereien aus «Manga Scroll» nachsprechen, erzählt Marclay.
Die Arbeit verführt die Betrachter, eine eigene Interpretation für den Klang des Geschrieben zu entwickeln. Und für das Zwitterding Lautmalerei, das irgendwo zwischen Ohr, Auge und Hirn als faszinierende Promenadenmischung der Sinne zum Leben erwacht.