Superfarmen, Megaställe und Giga-Gewächshäuser: niederländische Lebensmittel haben in der Schweiz nicht den besten Ruf. Zu intensiv die Produktion, zu schädlich für Tier, Mensch und Umwelt, lautet der Vorwurf.
Auch Henk Wildschut war einst ein überzeugter Bio-Konsument. Dann bekam der 46-jährige Fotograf den Auftrag für das Amsterdamer Reichsmuseum einen Ausstellung zum Thema Nahrung zu realisieren. Und jetzt kauft er ohne Skrupel auch nicht-biologische Lebensmittel: «Ich weiss, dass ich davon nicht krank werde.» Als Konsument nehme er dabei aber in Kauf, dass die Tiere anders gelebt hätten.
Die Geschichte hinter den Fotos
Zwei Jahre lang hat Wildschut hinter die Kulissen geblickt bei Schweinezüchtern, Hühnerbauern, Fischfarmen oder in Tomaten-Treibhäusern. Die Bilder, die bei diesen Besuchen entstanden sind, sehen auf den ersten Blick aus wie Handy-Schnappschüsse mit einem einfachen Sujet: Eine Computeranlage oder ein Mann im Duschraum. Doch es geht um die Geschichte hinter den grossformatigen Fotos, die Wildschut erzählen will.
Der unspektakuläre Computer ist das Supermegahirn des Landwirtschaftsministeriums, in dem die gesamte, gigantische Agrarbuchhaltung gespeichert ist. Mit den darin enthaltenen Daten lässt sich jedes Tier nachverfolgen, von der Geburt bis zum Tod. Hat ein Bauer sein Kalb nicht abgemeldet, bevor es im Schlachthaus ankommt, wird er gebüsst.
Und der Arbeiter in der Schweinemästerei mit 50'000 Tieren muss sich heutzutage immer duschen, bevor er die Ställe betritt – sonst könnte er Krankheitskeime in den Stall einschleppen. Früher, da wuschen sich die Bauern erst abends, bevor sie schlafen gingen.
Neue Lösungen für neue Märkte
Niederländische Nahrung kommt aus einer total kontrollierten Umgebung, lautet eine der wichtigsten Erkenntnisse des Fotografen. Die Idee jedoch, dass es Freilandhühner und glückliche Schweine für alle geben sollte, sei schlicht nostalgisch. Solange die Menschen – insbesondere die Niederländer - nicht bereit seien, mehr Geld für ihr Essen auszugeben, müsse grossflächig produziert werden.
Sein Land stehe dabei in einer besonderen Pflicht, glaubt Wildschut: Im Delta von Rhein und Waal gedeihen Pflanzen und Tiere gut. Die Transportwege für Soja, Mais und anderes Tierfutter vom Rotterdamer Hafen zu den Bauernhöfen sind sehr kurz. Die uralte Tradition, die halbe Welt mit Fleisch und Gemüse zu versorgen, müsse deshalb hochgehalten werden, findet er.
Und wenn in Zukunft die Menschen in Indien oder China mehr Fleisch essen, sei es für niederländische Lebensmittelingenieure geradezu Pflicht, neue Lösungen zu finden, um auch diese Märkte zu bedienen: «Darin liegt die Stärke unserer Nahrungsmittelproduktion.»