Der Name XBros ist spontan entstanden. Vor ungefähr fünf Jahren sind sie nach Olten gefahren, um gemeinsam mit anderen Graffiti-Künstlern Bilder zu sprayen, sich auszutauschen. Damals waren sie noch keine feste Gruppe. Irgendeiner von ihnen hat dann unter sein Graffiti «XBros» gesetzt.
Der Name ist eine Botschaft. Bros steht für Brothers, für Zusammenhalt, gegenseitige Unterstützung. Danach leben die Graffiti-Künstler Nims, Renb One, Lushan, Mista und Meash, die den Kern der Gruppe bilden.
Ein Atelier wie ein Baumarkt
Das X steht für X-Project, ein ehemaliges Swisscom-Gebäude am Bahnhof in Biel, in dem Übungsräume für Musiker, Grafik-Ateliers und Tanzstudios untergebracht sind. Die XBros haben dort ein Atelier. Es ist ein grosser Raum. Jeder hat seinen eigenen Bereich. In einer Ecke steht ein Leuchttisch, in einer anderen ein DJ-Pult. Aus einer Musikanlage ertönt Hip-Hop. Als Renb One die Musik leiser dreht, sind aus den Nachbarräumen Rock-Beats zu hören.
Und bunt ist es. Überall lagern Farbeimer, Stifte und natürlich Spraydosen. In offenen Kartons stapeln sich die Dosen nach Farben sortiert die Wände hinauf. Blendet man die Bilder an den Wänden, die Sessel und die Aschenbecher aus, sieht es fast so aus wie im Baumarkt.
Mehr Zeit im Atelier als zuhause
Mindestens einmal in der Woche kommen die XBros hier zusammen, sprechen über gemeinsame Projekte, arbeiten an Entwürfen. Tagsüber gehen sie normalen Berufen nach. Sie sind Polymechaniker oder Matrosen auf dem Bielersee oder Maler. Ihr wahres Leben beginnt nach Feierabend. «Nach der Arbeit komme ich hierher und habe Bilder und Farben um mich. Ich verbringe mehr Zeit im Atelier als zuhause», erzählt Nims.
Graffiti, bunte Schriftbilder mit verformten Buchstaben, sind für die XBros ein Mittel, um Farbe ins urbane Leben zu bringen. Die Begeisterung für Hip-Hop-Musik und der Kontakt zur Skater-Szene haben sie zur Graffitikunst gebracht. Hinzu kommt die Faszination für Farben, Formen und das Gestalten von Bildern. Eine Kunstschule haben die Jungs, wie die meisten Graffiti-Sprayer, nicht besucht. Doch durch viel, viel Übung haben sie eine enorme Virtuosität erlangt.
Graffitisprayen ist strafbar – nicht aber auf «legalen» Wänden
Die jungen Männer sprayen seit 15, manche seit 20 Jahren. Sie kennen viele Tricks. Sie kennen die Szene in Biel und in der Schweiz. Und sie kennen die Gefahren. Das Anbringen von Graffiti und anderen Formen der Streetart ist in der Schweiz illegal. Ausgenommen sind die «legalen» Wände, wie sie inzwischen in vielen Schweizer Städten angeboten werden.
Eine solche steht in Biel am Holunderweg, einem schmalen Gässchen am alten Güterbahnhof. Es ist eine Art Freiluftgalerie zwischen Bahngleisen und Schleuse. Ein Unternehmen hat die Wand zur Verfügung gestellt, die mit Eternit verkleidet war. Um sie besser bemalbar zu machen, haben die XBros sie gemeinsam mit Freunden aus der Sprayer-Szene mit 5,2 Tonnen Holz verschalt.
Übermalen ja, aber nur mit einem besseren Werk
Auch an legalen Wänden werden die Werke der Sprayer früher oder später übermalt. Für die XBros gehört das dazu. So sei Bewegung drin, Fortschritt. «Bei vielen Wänden finden wir es langweilig, wenn ein halbes Jahr das Gleiche drauf ist. Man will wissen, wie haben die anderen sich weiterentwickelt?», erklärt Nims. Ausserdem gebe es eine Regel in der Szene, sagt Renb One: «Wenn man etwas übermalt, soll man etwas Besseres machen. So gibt es immer eine Weiterentwicklung.»
Weiterentwicklung, das ist den XBros wichtig. Seit einigen Jahren geben die Sprayer auch Workshops für Kinder und Jugendliche, denen sie ein wenig Grundwissen über Graffiti mitgeben wollen. Diese Workshops sind immer gut besucht. Der Graffiti-Nachwuchs scheint gesichert.