Zum Inhalt springen

Liebesnest und Sehnsuchtsort Wie das Schweizer Chalet seinen weltweiten Siegeszug antrat

Schweizer lieben ihre Chalets: Doch wie wurden sie zum Nationalsymbol? Eine Ausstellung in der Nationalbibliothek in Bern geht den Hintergründen der herzigen Holzhütten auf die Spur.

«Von der Geschichte des Chalets erfährt man ganz viel darüber, wie die Schweiz mit der Welt zusammenhängt», sagt Hannes Mangold, Kurator der Chalet-Ausstellung in der Schweizer Nationalbibliothek.

Damit das Chalet etwas echt Schweizerisches werden konnte, brauchte es zuerst den interessierten Blick von aussen. Im 18. und 19. Jahrhundert entdeckten die frühen Reisenden aus dem Norden Europas, vor allem aus England, die Schweiz.

Während in England die Industrialisierung bereits voll im Gange war, fand man in den Alpen noch so etwas wie eine authentische Natur. «Zu diesem Bild gehörte eben auch das Chalet», erklärt der Kurator.

Modell eines Chalets im Winter.
Legende: Das Schweizer Chalet macht auch als Betonhütte noch eine gute Figur. Gaudenz Danuser, Flims

Sehnsuchtsort Chalet

Wieder zu Hause angekommen, reproduzierten die reichen Engländer die Holzhäuser in ihren Landschaftsgärten. Was dem Chalet zu noch mehr Popularität verhalf. Irgendwann erkannte man auch in der Schweiz das Potenzial der Holzhäuser: das Chalet als Sehnsuchtsort.

In der Ausstellung in der Nationalbibliothek hängt ein koloriertes Foto des Schweizer Pavillons an der Weltausstellung in Paris von 1901. Zu sehen: eine Berglandschaft mit unzähligen kleinen Hütten.

Zeichnung des Schweizer Pavillons an der Expo 1901 in Paris.
Legende: Urchig und idyllisch: So sah der Schweizer Pavillon 1901 an der Expo in Paris aus. Brooklyn Museum

Dieser Auftritt damals zementierte bei den Besuchenden aus aller Welt die Verbindung zwischen dem traditionellen Holzhaus und der Schweiz.

Das Chalet erobert die Welt  

In der Folge entstanden in der Schweiz erste wissenschaftliche Arbeiten, die den Chalet-Bestand erstmalig erfassten. Und es drängten immer mehr Anbieter auf den Markt, die diese Chalets produzieren konnten – und zwar nicht nur für die Schweiz, sondern auch für die Welt.

In der Ausstellung ist anhand einer grossen Weltkarte gut erkennbar, wie der Export von Chalets und sein geschicktes Marketing weltweit seine Spuren hinterlassen hat. Da gibt es sogenannte Swiss Cottages in den USA, Swiss Chalets in Thailand und in Chile findet sich das Hotel «Chalet Suizo».

Ausstellungsansicht mit Weltkarte
Legende: Nicht nur im Alpenraum beliebt: Weltweit erfreut sich das Chalet grosser Beliebtheit bei den Menschen. Nationalbibliothek/Simon Schmid

Zu sehen sind auch Tourismusplakate mit Chalet-Sujets aus den 1970er- und 80er-Jahren. Daneben liegt Alpenliteratur auf. In den Ausstellungsräumen finden sich auch kleine Souvenir-Chalets. All diese Gegenstände, Fotos und Bücher dokumentieren, wie erfolgreich die Schweizer Marketingkampagne rund um das Chalet funktioniert hat.

Ausstellungsansicht mit Holzhütten-Modell und Plakaten
Legende: Mit attraktivem Marketing konnte die Schweiz ihre Holzhütten weltweit als Schweizer Original verkaufen. Nationalbibliothek/Simon Schmid

Wirklich Swiss made?

Dabei gab es eigentlich nie einen Unterschied in der Holzbautradition zwischen den verschiedenen alpinen Ländern. «Die Schweiz hat sehr erfolgreich das Chalet für sich reklamiert und als Schweizer Baustil etablieren können, obwohl man einen ähnlichen Baustil weltweit findet», sagt Kurator Hannes Mangold.

Ein Fun Fact noch zum Schluss: Die Geranie, ohne die ein Schweizer Chalet in der Regel nur schwer auskommt, wurde erst Mitte des 19. Jahrhunderts aus Südafrika in die Schweiz importiert.

Ausstellungshinweis

Box aufklappen Box zuklappen

Die Ausstellung « Chalet. Sehnsucht, Kitsch und Baukultur » findet noch bis zum 30. Juni. 2023 in der Schweizerischen Nationalbibliothek in Bern statt.

Radio SRF 2 Kultur, Kultur-Aktualität, 08.05.2023, 07:06 Uhr ; 

Meistgelesene Artikel