Am Anfang war ein Bett: 1974 präsentierte Manon in der Galerie Li Tobler in Zürich ihre erste grosse Installation, die sofort einen Skandal verursachte und Manon bekannt machte: « Das lachsfarbene Boudoir ».
Es präsentiert einen Schlafraum in weichen, warmen, seidenen Rosatönen. Im Zentrum steht ein riesiges Bett, umgeben von Federn, Schmuck, Flitterkram. Sehr erotisch, sehr feminin – und sehr unzeitgemäss.
«Es war eine Zeit, in der galt: Weibliche Kunst gibt’s nicht. Wir Künstlerinnen müssen arbeiten wie die Männer. Das fand ich verheerend», sagt Manon. «Und ich dachte mir: Nein. Nein. Nein. Ich werde jetzt gerade das Gegenteil machen.»
«Das lachsfarbene Boudoir» irritierte alle: konservative Bürger, progressive Kunstfreunde und ganz besonders frauenbewegte Frauen, die das Weibchenschema hinter sich lassen wollten. Denn: «Weiblicher geht es ja gar nicht mehr», so Manon über ihre schwelgerische Installation in Seide und Satin.
Kitzeln mit Marabufedern
Auch mit fast 80 Jahren ist Manon, die als Rosemarie Küng in Bern geboren wurde, rank und zart. Eine Erscheinung, mit unaufgeregter Eleganz gekleidet.
Diese Eleganz, dieser Sinn für Stil prägt auch ihre Kunst. Manon provoziert. Aber wenn sie provoziert, dann schlägt sie nicht mit der Axt drein. Sie kitzelt mit der Marabufeder, wohl wissend, dass auch Kitzeln Schmerz ist.
Unter dem Titel «Manon presents men» stellte sie 1976 verschiedene Männertypen in einem Schaufenster aus. Der Mann als Objekt – eine gewagte Idee. «Die Frage, ob etwas gewagt ist oder nicht, hat sich mir nie gestellt», sagt Manon.
Die Dame im Krankenwagen
1977 ging sie nach Paris. Sie wollte sich von allem lösen, einen Neuanfang wagen. Und das radikal.
Manon rasierte sich die Haare ab und schuf eine Serie inszenierter Schwarz-Weiss-Fotos, für die sie an verschiedenen Orten in Paris posierte: «La dame au crâne rasé».
Das Erotische und das Mehrdeutige haben sie stets fasziniert, das Spiel mit Verkleidungen und Rollen. In Paris erzählt ihr jemand von einer «käuflichen Dame, die sich in einem Krankenwagen eingenistet» habe. Das habe sie wahnsinnig fasziniert, erzählt Manon: «Ich habe jedem Krankenwagen hinterhergeschaut und mich gefragt: Ist sie das?»
2003 hat sie tatsächlich einen Krankenwagen in eine Art Boudoir verwandelt: mit rosa Plüsch und Parfum, das aus Infusionsflaschen strömt. Dieser Kunst-Krankenwagen ist zurzeit in Zofingen zu sehen, vor dem Eingang des Kunsthauses.
Von erotisch bis existenziell
Im Kunsthaus selbst erwartet die Besucherinnen und Besucher ein weiteres Bett: Ein Spitalbett diesmal. Allerdings auf einem bühnenartigen Sockel mit blinkender Show-Beleuchtung. Am Kleiderhaken in der Ecke hängt ein rosa Ballkleid.
Manon selber ist fast überrascht, dass in ihrer ersten und ihrer letzten Arbeit ein Bett im Zentrum steht: «Die erste Arbeit war sehr erotisch. Die letzte hat immerhin noch eine Spur von Glamour.»
Vergänglichkeit, Zerbrechlichkeit, Endlichkeit des Lebens – das sind Themen, die sich in den letzten Jahren immer deutlicher in Manons Arbeit zeigen. Doch Manon liebt es, auch und gerade schwere Themen mit einem Hauch Schönheit und Glamour zu umgeben. Das Schöne und das Ernste gehen bei ihr Hand in Hand.