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Markus Raetz ist gestorben Raffinierte Kunstwerke, die den Blick fesseln

Er war ein international erfolgreicher Vertreter der Schweizer Kunst, nun ist Markus Raetz im Alter von 79 Jahren gestorben. Seine Arbeiten sind humorvoll – und doch raffiniert und tiefgründig.

Im Umgang war er ein freundlicher und zurückhaltender Mensch. In der Kunst ein Meister der eleganten Ironie. Mit seinen Druckgrafiken und dreidimensionalen Vexierbildern hat er komplexe Wahrnehmungstheorien auf heiter-tiefgründige Weise bildhaft gemacht.

Sendungshinweis

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SRF 1 zeigt in der Nacht auf Donnerstag um 0:00 Uhr den Dokumentarfilm «Markus Raetz – die Augenspielerei des Schweizer Künstlers». Für den Film von Iwan Schumacher gewährte der Berner Künstler 2007 einem Kamerateam Einblick in sein langes Schaffen.

Der Film ist nach der Ausstrahlung 7 Tage online verfügbar.

Vom Lehrer zum grossen Künstler

Markus Raetz wurde am 6. Juni 1941 geboren. Aufgewachsen ist er in Büren an der Aare. Er wurde zunächst Primarlehrer in Brügg bei Biel. 1963 zog er nach Bern und arbeitete als freier Künstler.

Er war Teil der Berner Kunstszene um den Ausstellungsmacher Harald Szeemann, der damals die Kunsthalle Bern leitete. Markus Raetz nahm an Szeemanns Ausstellung «When Attitudes become Form» teil, die 1969 international Furore machte.

ein Mann steht hinter einer Skulptur
Legende: Markus Raetz hinter seinem Werk «Nichtrauch» im Kunstmuseum Bern im Jahr 2014. Keystone

Er war an zahlreichen weiteren grossen Ausstellungen zu sehen. Dreimal war er zu Gast an der «documenta» in Kassel. Der Erfolg blieb ihm treu.

Werke von Markus Raetz finden sich heute in internationalen Sammlungen. In der Schweiz ist seine Kunst vor allem in den Kunstmuseen in Bern und in Basel gut vertreten.

Gegensätze verschmelzen im Perspektivwechsel

Markus Raetz' Werk folgte von Anfang an einer grossen Linie: Der Befragung der Wahrnehmung mit den Mitteln der Ironie. Sein Werk war stets doppelbödig: voller Witz, aber auch voll philosophischer Tiefe.

Das zeigt sich besonders deutlich in seinen Vexierbildern: Schriftbilder und Objekte, die je nach Blickwinkel, aus dem man sie betrachtet, anders zu lesen und anders zu deuten sind.

Am bekanntesten ist sicher das «OUI», das aus einer anderen Perspektive zum «NON» wird. Oder das «TOUT», das Ganze, aus dem anders betrachtet ein «RIEN» wird, ein Nichts.

Bei Raetz trägt jedes Ding seinen Widerpart in sich. Scheinbar Gegenteiliges schliesst sich nicht aus, es wird vielmehr eins.

eine Skulptur eines Kopfs
Legende: Typisch Raetz: Seine Skulptur in Eggum (Norwegen) verändert ihre Form 16 Mal, wenn man um sie herumgeht. imago images

Raetz hat nicht nur mit Worten gespielt, sondern auch mit Bildern. Beim «Hasenspiegel» verwandelt sich die Silhouette eines Mannes mit Hut in einem Spiegel in die Umrisslinie eines Hasen.

Gern hat Raetz mit Spiegeln und anderen optischen Instrumenten gearbeitet, um der Wahrnehmung und der daraus abgeleiteten Weltsicht auf die Spur zu kommen. In seinen Werken zeigt er, dass in einer Form noch eine andere Form steckt und dadurch ergibt sich eine neue und überraschende Aussage.

Ein Blick für die Finessen der Bearbeitung

Raetz war ein grosser Leser. Jemand, der sich eingehend mit Sprache und Literatur beschäftigt hat. Das merkt man seinem Werk an.

Es ist alles sehr durchdacht, sehr gehaltvoll in der Aussage. Aber auf der Ebene der Gestaltung und des Materials wirkt es sehr schlicht und bescheiden.

Seine Vexierbilder sind oft aus Draht gebogen – sehr einfach, aber extrem gut und sorgfältig gearbeitet. Markus Raetz hat auch in der technischen Umsetzung seiner Werke immer einen Blick für die feinen Details bewiesen.

Seine Arbeiten sind in ihrer Schlichtheit und Bescheidenheit so tiefgründig, raffiniert und voller Witz – dass es Lust macht, sich intensiv damit zu beschäftigen.

Man kann sich auch von zu Hause aus mit dem Werk von Markus Raetz beschäftigen. In den Sammlungen des Kunstmuseums Basel befinden sich zahlreiche Werke von Markus Raetz – und diese Sammlungen kann man auch online anschauen.

Sendung: Radio SRF 2 Kultur, Kultur-Nachrichten, 15.4.2020, 06:01 Uhr.

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