In Berlin sollen die Schweizer Architekten Herzog & de Meuron das Museum der Moderne bauen. Bereits vor dem ersten Spatenstich explodieren die Kosten: Bewilligt wurden erst 200 Millionen Euro, nun hat der deutsche Bundestag 364.2 Millionen bewilligt. Die Gesamtsumme des Bauprojekts beträgt 450 Millionen Euro.
Die Kritik am geplanten Museum ist dennoch massiv. Die Kritik beschränkt sich aber nicht bloss auf die Kosten. Der Architekturkritiker Nikolaus Bernau sagt, der Bau schaffe mehr Probleme als er löse.
SRF: Eine grosszügige Verdoppelung der Kosten für das Museum der Moderne – wie ist das möglich?
Nikolaus Bernau: Am Anfang hatte man ja nur das Grundstück festgelegt – zwischen der Neuen Nationalgalerie von Mies van der Rohe und der Philharmonie von Hans Scharoun. Welcher Entwurf kommen würde, war unbekannt.
Erst als der Entwurf von Herzog und de Meuron gewählt wurde, fing man an zu detaillieren. Herzog und de Meuron haben eine extrem aufwendige Baukonstruktion gewählt mit viel Beton, tief im Erdboden. Und der ist in Berlin bekanntlich fürchterlich weich. Das heisst: Es wird teuer.
Kritisiert wird das geplante Museum von allen Seiten. Ein Thema ist der Standort. Was ist schlecht daran?
Aus denkmalpflegerischen Gründen ist er hochproblematisch. Das geplante Museum soll zwischen der Neuen Nationlagalerie und der Philharmonie gebaut werden.
Das sind die wohl bedeutendsten Bauten, die in der Nachkriegszeit der BRD gebaut wurden. Das spannungsvolle Ensemble aus strenger Nationalgalerie und expressionistischer Philharmonie wird durch das neue Gebäude verstellt.
Der Bau stört also?
Aus der Sicht von Herzog und de Meuron stören wohl eher die anderen (lacht). Es ist schon so: Der vorhandene Baubestand wird nicht genutzt. Das zeigt sich auch in einem anderen Punkt: Das Museum kann nur mit dem Gebäude der Neuen Nationalgalerie unterirdisch verbunden werden.
Selbst das wird sehr aufwendig, sehr teuer. Mit den anderen, danebenliegenden staatlichen Museen kann der Bau nicht verbunden werden, weil dort Leitungen sind.
Dort kommt man nicht durch.
Und darum wird das Gebäude so gross. Alle technischen Infrastrukturen, die es in den Nachbar-Museen bereits gibt, müssen noch einmal gebaut werden. Das belastet die eh schon knappen Etats der staatlichen Museen und ist ein zentrales betriebswirtschaftliches Problem.
Die Probleme, die wir mit diesem Bau lösen, sind viel kleiner als die Probleme, die wir damit schaffen.
Gibt es denn eine Alternative?
Ja. Ein kleines Grundstück in der Ecke zwischen Neuer Nationalgalerie und Gemäldegalerie, das in den 1970er-Jahren angekauft wurde, um dort eine Verbindung zwischen der Nationalgalerie und den anderen Museen herzustellen.
Dort könnte man problemlos ein auf Ausstellungszwecke reduziertes Haus mit Werkstätten und Zwischendepots errichten. Nur: Das Grundstück liegt in einer Ecke, es ist nicht repräsentativ.
Ihr Fazit?
Dank der bisher gewonnenen Erkenntnisse sollte man das Museumsprojekt noch einmal ganz neu starten. In Deutschland ist es leider unüblich, dass man einen Wettbewerbsentwurf weit durchplant und dann sagt: Wir legen ihn zur Seite, weil wir damit mehr Probleme schaffen als lösen. Dabei könnte man diesen ganzen Vorlauf als Lernprozess sehen: So geht es eben nicht.
Das Gespräch führte Ellinor Landmann.