Das Museum für Gestaltung in Zürich erstrahlt in neuem Glanz. Oder besser: in altem Glanz.
1933 gebaut, gilt das Museum für Gestaltung als das wichtigste Bauhaus-Gebäude der Schweiz. In den letzten drei Jahren hat man versucht, es in seinen Ursprungszustand zurückzubauen und gleichzeitig den heutigen Standards anzupassen.
Vom fensterlosen Ausstellungssaal zum Haus mit Seele
In den 1970er-Jahren wurde der Hauptausstellungsraum mit einem Zwischenboden zweigeteilt – mit verheerenden Folgen: Unten gab es einen gestauchten Raum und oben einen fensterlosen niedrigen Saal. Der galt, wie Museumsdirektor Christian Brändle selber sagt, als hässlichster Ausstellungsraum Europas.
Heute ist der Zwischenboden weg. Die Ausstellungshalle mit ihren prägnanten Stützen präsentiert sich lichtdurchflutet, luftig und drei Meter höher als zuvor. «Die Halle ist dreischiffig und hat im mittleren Raum eine doppelte Höhe wie eine Basilika», erklärt Christian Brändle.
Auch sonst habe man das Haus wieder bis ins letzte Detail herausgeputzt: «Bis zur einzelnen Schraube ist hier alles denkmalgeschützt, und das ist gut so. Denn dieses Haus hat tatsächlich eine Seele.»
Schicht für Schicht zum Original
Die Seele des Hauses – nach ihr haben die Museumsleute, die Denkmalschützer und das Architekturbüro Ruggero Tropeano gefahndet.
Es sei viel Recherche betrieben worden, sagt Christian Brändle: «Mit der Rasierklinge wurden alle Farbschichten bis auf die letzte von 1933 heruntergekratzt. Nicht nur der Farbton, auch die Zusammensetzung der Farbe wurde analysiert. Auf Basis solcher Erkenntnisse hat man das Haus zurückgeführt zu seinem alten Glanz.»
Endlich die eigenen Schätze zeigen
Gleichzeitig musste das Museum für Gestaltung den heutigen Standards angepasst werden. So wurde es nach heute geltenden Normen gegen Einbrüche, Brand und Erdbeben abgesichert.
Die zweite zentrale Neuerung betrifft das Klima. «Bedeutende Objekte aus der Sammlung, die Museen von Weltrang gerne ausgeliehen haben, konnten in Zürich nie gezeigt werden – schlicht weil eine funktionierende Klimaanlage fehlte.»
Nun gibt es sie, und im Soussol wurde Platz geschaffen, damit Schätze aus der Sammlung dauerhaft präsentiert werden können. Rund 2000 Exponate aus den Bereichen Kunstgewerbe, Grafik sowie Textil-, Möbel- und Produktdesign laden ein, die Welt der Alltagsgegenstände zu entdecken: vom Haartrockner bis zur Zigarettenverpackung.
Die Alchimisten unter den Designern
Das Herzstück des Hauses ist die grosszügige Haupthalle, die 1000 Quadratmeter Fläche für Wechselausstellungen bietet. Den Anfang macht das atelier oï aus der Westschweiz mit Alltags- und Kunstobjekten.
Das Designbüro arbeitet in allen Dimensionen, gestaltet Kaffeetassen und auch Fabrikgebäude. Zentral sei stets die intensive Auseinandersetzung mit dem Material, sagt Christian Brändle. «Sie arbeiten wie Alchimisten, die im Labor verschiedene Essenzen miteinander mixen, bis etwas Unterwartetes und Neues daraus entsteht.»
Beispielsweise gibt es eine extra für das Museum für Gestaltung angefertigte grosse Rauminstallation aus beweglichen Holzarmen, die an Getreidehalme oder Schilf erinnern. Zum Laufen bringt atelier oï diese mit eingebauten Scheibenwischer-Motoren – eine originelle Idee.
Aber sie zeigen auch ganz alltägliche Gegenstände wie eine schlichte Garderobe aus Pet-Folie, die Ikea seit 20 Jahren vertreibt.
Powernappen auf Schweizer Designermöbeln
Mit der Umgestaltung des Hauses will Museumsdirektor Christian Brändle auch das Publikum stärker einbeziehen. Dafür hat er die «Swiss Design Lounge» kreiert, einen neuen Ort der Begegnung: «Hier kann man sich auf einen Schwatz treffen oder über Mittag sogar auf ausgezeichnetem Schweizer Design einen Powernap machen.»
Einem neuen Start – mit hoffentlich nachhaltigen Folgen für das Museum – steht nichts mehr im Weg.