Das Felsengrab von Sethos I. im Tal der Könige: Das ist nicht etwa nur ein Sarkophag in einer Grabkammer. Es ist ein ganzes System von Gängen, die in den Fels gehauen wurden.
Wenn man die Ausstellung im Antikenmuseum Basel betritt, vermittelt ein originalgetreues Modell einen Eindruck davon. Dann gelangt man in einen fast quadratischen Raum von rund fünf auf fünf Meter: die Grabkammer des Pharaos. Im Massstab 1 zu 1.
Wie eine Zeitreise
Die Wände sind bedeckt mit bemalten Reliefs von ägyptischen Gottheiten mit ihren Tierköpfen. Lebensgross, in prächtigen Farben. So muss dieser Raum vor mehr als 3000 Jahren ausgesehen haben.
So muss er auch ausgesehen haben, als er vor genau 200 Jahren wiederentdeckt wurde, von einem italienischen Forschungsreisenden und Abenteurer in britischen Diensten. Wie dieser kann man sich vorkommen, wenn man diese Wände nun im Lichtschein künstlicher Kerzen betrachtet.
Mutwillig zerstört
Am Ende der Ausstellung, um es vorweg zu nehmen, betritt man nochmals die Grabkammer des Pharaos. Doch nun ist zu sehen, wie sich der Raum heute, 200 Jahre nach der Entdeckung, präsentiert.
Es kommen einem fast die Tränen. So vieles ist zerstört, die Farben verblasst, ganze Figuren sind abgetragen, in den Wänden klaffen Löcher.
Die Zerstörung begann schon kurz nach der Entdeckung: Reliefteile wurden mit Hammer und Meissel entfernt. Man machte Abgüsse in Wachs oder Gips und riss dabei die Farben herunter.
Die Basler Ägyptologin Susanne Bickel, die seit Jahrzehnten im Tal der Könige forscht, sieht die Fehler ihrer Vorgänger mit Bedauern: «Die Forscher haben damals gedacht, dass sie durch diese Methoden das Grab dokumentieren, erhalten und nach England transportieren können. Damit haben sie eine massive Zerstörung bewirkt.»
Besucher hinterlassen Spuren
Doch es ist nicht nur die Forschung schuld an der Zerstörung. Gleichermassen verheerend waren die Touristenströme, die in den folgenden zwei Jahrhunderten durch die Gräber gingen.
Die Menschen tragen Schmutz und Feuchtigkeit in die Stätten. Der Schmutz setzt sich ab, die Feuchtigkeit begünstigt Schimmelpilz. Seit Ende der 1970er-Jahre ist deshalb das Grab Sethos' I. nicht mehr öffentlich zugänglich.
Restaurieren ist ein Risiko
Fragmente aus dem Grab des Sethos sind verstreut zu finden, in Museen in London, Paris oder Florenz. Eine Fülle von Fragmenten liegt ausserdem noch heute auf Schutthalden im Tal der Könige.
Susanne Bickel und ihr Team haben in den letzten Jahren 7000 solcher Fragmente geborgen und sortiert. Einfach zu versuchen, diese Fragmente wieder zusammenzufügen, ist keine Option: «Es wäre im Original nicht nur sehr schwierig. Sondern würde auch die Gefahr weiterer Zerstörung mit sich bringen.» Der Einsatz von Klebstoff oder Zement, eigentlich jegliche Restauration des Originals, sei eben im Grunde auch eine Zerstörung.
Neue Wege für alte Werke
Deshalb haben die Archäologen der Universität Basel schon vor Jahren einen anderen Weg gewählt: Mit Computerscans, mit 3-D-Druck und robotergesteuerten Fräsen werden Faksimile der Kunstwerke angefertigt. Modernste Technik macht es möglich.
«Das Erlebnis ist letztendlich dasselbe wie im Original», sagt Susanne Bickel: «Die Kopie schützt aber das Original.»
Es ist eine Stiftung mit Sitz in Madrid, mit der die Archäologen nun seit Jahren an diesem Projekt arbeiten. Forscher, Techniker und Ingenieure sind so zu Meistern des Faksimiles geworden.
Das Ergebnis ihrer Arbeit ist nun in der beeindruckenden Ausstellung in Basel zu sehen. Ebenso wie die Arbeit an und für sich. Über die Technik, die im Rahmen dieses Projektes Anwendung findet, erfährt man viel. Und das ist beinahe so faszinierend, wie das Ergebnis selbst.
Sendung: Radio SRF 2 Kultur, Kultur kompakt, 30.10.2017, 17.15 Uhr