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NS-Raubkunst St. Galler Museum gibt Raubkunst zurück

Das Historische und Völkerkundemuseum St.Gallen gibt zwei Objekte aus seiner Sammlung zurück. Die Forschung hat gezeigt: es handelt sich um NS-Raubkunst. Nun gehen die beiden Pokale an die Erben der ursprünglichen Besitzerin.

Oft denkt man bei Raubkunst an millionenschwere Bilder von Klimt oder Schiele. Aus der Forschung weiss man aber, dass Silbersammlungen, Glasobjekte, Goldschmiedekunst im NS-Regime genauso systematisch geraubt wurden wie Bilder.

Zwei solche Objekte – Silberpokale in Segelschiff-Form – gibt das Historische und Völkerkundemuseum St. Gallen nun an die Erben von Emma Budge zurück. Budge war eine jüdische Sammlerin und Mäzenin in Hamburg. Ihre Sammlung umfasste rund 2000 Objekte.

Eine Million Reichsmark Erlös

1937 ordneten die NS-Behörden die Auktion ihrer Sammlung an, «Arisierung» nannte man das. Museen und Sammler aus Deutschland, der Schweiz und den Niederlanden reisten an: 1500 Stücke wurden verkauft, der Erlös soll eine Million Reichsmark betragen haben – wenig Geld für so eine grosse Sammlung.

Provenienzrecherchen haben ergeben, dass Emma Budge, die 1937 bereits im Exil war, dieses Geld nie erhalten hat. Damit ist klar: Es handelt sich um Raubkunst.

Das HVM St. Gallen hatte die beiden Pokale vom Transportunternehmer Giovanni Züst 1967 zusammen mit einer Silbersammlung von rund 140 Objekten geschenkt erhalten. Wann und wo Giovanni Züst diese Pokale erwarb, ist bis heute unklar. In einer vom Sammler angefertigten Dokumentation ist die einstige Zugehörigkeit der Stücke zur Sammlung Emma Budge notiert, ebenso die Versteigerung dieser Sammlung 1937 in Berlin.

Washingtoner Richtlinien

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Die Eidgenossenschaft hat mit Verabschiedung der Washingtoner Richtlinien 1998 erklärt, dass sie der Aufarbeitung der NS-Raubkunst-Problematik grosse Bedeutung zumisst. Dabei geht es um den Umgang von Museen und Sammlern mit NS-Raubkunst und darum, dass diese Gegenständen den rechtmässigen Besitzern zurückgegeben werden sollen.

Unterstützung vom Bundesamt für Kultur

Das Historische und Völkerkundemuseum ist laut eigenen Angaben seit 2010 daran, die Provenienzen der eigenen Sammler abzuklären. Es ist eines der wenigen Historischen Museen, das sich bei Bundesamt für Kultur um Unterstützung in dieser Arbeit beworben hat.

Das BAK unterstützt seit 2016 Museen finanziell bei der Provenienzforschung mit maximal 100'000 Franken pro Haus. Das HVM St.Gallen ist das erste Museum, das einen Erfolg im Rahmen dieser Zusammenarbeit meldet.

Zahlreiche Fälle bekannt

Ganz überraschend ist die Meldung aus St.Gallen nicht. Es gab bereits zahlreiche Fälle, in denen andere Museen Objekte aus der Sammlung Budge restituiert haben – das Landesmusuem Zürich gab bereits 2012 einen silbernen Pokal – die «Lerber Lerche» – an die Erben von Emma Budge zurück.

Warum es fünf Jahre gedauert hat, bis man in St Gallen gemerkt hat, dass man Objekte derselben Provenienz besitzt, ist unklar.

Sendung: Kultur aktuell, Radio SRF 2 Kultur, 6.11.2017, 17.08 Uhr

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