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Der Meister und sein Spürhund: Wie Jan Six zwei Rembrandt entdeckte
Aus Kontext vom 11.03.2019. Bild: Keystone / EPA ANP / Koen van Weel
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Rembrandt-Entdecker Jan Six Ein untrügliches Auge für den alten Meister

Einen echten Rembrandt finden: Dieser Coup ist Kunsthändler Jan Six schon zweimal geglückt. Es liegt ihm quasi im Blut.

«Lerne erst laufen, bevor du zu rennen beginnst»: Diesen Satz hörte Jan Six oft von Kollegen, als er sich vor zehn Jahren als Händler für alte Kunst selbständig machte. Er war damals knapp dreissig Jahre alt.

Jan Six kann den Vorwurf gut verstehen. Schliesslich geht es in der edlen Sparte der alten Kunst in erster Linie um sehr viel Erfahrung. Aber Jan Six ist erblich vorbelastet.

Die berühmte Sammlung Six

Er ist der elfte Nachkomme einer alteingesessenen Amsterdamer Adelsfamilie, in der der Erstgeborene jeweils Jan getauft wird. Stammhalter Jan Six I. (1618-1700) war ein guter Freund von Rembrandt – und wurde von diesem porträtiert.

Das grosse Bildnis zeigt den Urahnen im Freizeit-Outfit mit grauer Jacke und lässig über die linke Schulter gelegtem rotem Reitmantel. Es befindet sich noch immer im Familienbesitz. Mit mehreren hundert Gemälden, Möbeln oder Porzellan gehört es zur berühmten Sammlung Six.

Jan Six Porträt.
Legende: Der Urahne im Freizeit-Look: Rembrandts «Porträt von Jan Six» (1654). Wikimedia / The Yorck Project (2002) / Husky

Geschärftes Auge

Umgeben von dieser barocken Kunst ist Jan Six XI. im Familiensitz an der Amstel in Amsterdam aufgewachsen. So richtig zu Rembrandt gefunden hat er zwar erst nach seinen Teenager-Jahren. Aber das berühmte Porträt des Stammhalters hat schon früh sein Auge geschärft.

Diesem Umstand ist es zu verdanken, dass er in einem Auktionskatalog eine Entdeckung machte: In einem mit «niederländische Schule» umschriebenen Bild erkannte er ein kleines Selbstporträt des alten Meisters Rembrandt.

Einen echter Rembrandt entdeckt

Das Werk «Lasset die Kinder zu mir kommen», eine biblische Szene, zeigt Eltern, die ihre Kinder zu Jesus bringen. Obwohl das Gemälde grösstenteils übermalt war, sah Jan Six direkt, dass das Gesicht einer der Figuren jenes von Rembrandt war: «Ich erkenne seine Physiognomie aus Tausenden.»

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Inzwischen hat sich gezeigt: Jan Six täuschte sein Auge nicht. Das Werk entpuppte sich nach den wissenschaftlichen Untersuchungen als authentisch. Es wird nun restauriert und soll im November an der letzten Ausstellung im Rahmen des grossen Rembrandt-Gedenkjahres in Leiden gezeigt werden.

«Ich bin ein Händler»

Auch bei seinem zweiten Fund hatte der junge Händler eine feine Nase, auch dieses «Porträt eines jungen Mannes» stuften die Experten als einen echten Rembrandt ein.

Ein Mitarbeiter putzt ein Rembrandt-Bild.
Legende: Dieser Rembrandt-Fund war eine Sensation: Ein Mitarbeiter des Hermitage Museums in Amsterdam putzt «Porträt eines jungen Mannes» (1634). Keystone / EPA ANP / Koen van Weel

Inzwischen hat Jan Six in einem Buch zusammengefasst, wie er diese Rarität in einem Auktionskatalog entdeckte, sie in aller Heimlichkeit untersuchen und danach restaurieren liess.

Nun will er dieses Porträt auf dem Markt verkaufen, genau wie dereinst auch die biblische Szene: «Schlussendlich bin ich ein Händler.»

Buchhinweis

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Jan Six: «Portrait of a young gentleman», Uitgeverij Prometheus 2018. (keine dt. Übersetzung)

Privat lieber moderne Kunst

Er ist ein Geschäftsmann, aber einer mit einer grossen Liebe für die alten Meister. Er sammelt und studiert wissbegierig alles, was er über den vor 350 Jahren verstorbenen Rembrandt van Rijn finden kann.

Ein Mann vor einem Bücherregal
Legende: Ein Auge für alte Meister, privat aber ein Liebhaber moderner Kunst: Jan Six in der Rembrandt-Bibliothek. SRF / Elsbeth Gugger

Die umfangreiche Bibliothek in der Etage über seinem Kunsthandel an der vornehmen Amsterdamer Herengracht umfasst inzwischen mehrere hundert Bände in allen Sprachen.

Doch auch wenn sein Vater ihm zu seinem 13. Geburtstag eine Rembrandt-Radierung schenkte, wie es zur Tradition der Familie Six gehört: Privat bevorzugt Jan Six moderne Kunst. Und zwar möglichst ohne Erklärung: «Ich mache mir lieber in meiner eigenen Gedankenwelt ein Bild und werde damit glücklich.»

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