Rembrandts «Nachtwache» zeigt eine dramatische Momentaufnahme: Bewaffnete Männer rücken gleich aus zum Kampf. Irgendwo kläfft ein kleiner Hund, als wittere er die Gefahr. Aber nicht die Dramatik macht die «Nachtwache» zu einem der berühmtesten Bilder der Welt.
Viele der zwei Millionen Besucher, die das Rijksmuseum jährlich besuchen, sagen, Rembrandts «Nachtwache» sei magisch. Das liege an Licht und Schatten.
Das Licht ist ein ganz eigenes, nie Gesehenes, sagen die, die davor standen: Es leuchte nicht. Es sei, als ob das Bild aus seinem Inneren heraus erstrahle, mit einem leichten Glanz. Das Wort «illuminiert» träfe es.
Wie hat Rembrandt das gemacht?
Seit dem 8. Juli 2019 rücken Forscher der «Nachtwache» mit Scannern von gewaltiger Bildauflösung, mit Lasern und Mikroskopen auf die Leinwand und versuchen, das Geheimnis Rembrandt’scher Kunst zu lüften. Sie hoffen, durch die neuen technischen Möglichkeiten Aufschluss zu erlangen über die malerische Technik Rembrandts.
«Es ist das vielseitigste und umfassendste Untersuchungs- und Restaurierungsprojekt des Gemäldes», sagte Museumsdirektor Taco Dibbits vorab.
Wenn die Operation gelingt, weiss man, wie der Meister gearbeitet hat, der vor 350 Jahren, am 4. Oktober 1669 verstarb. Das Untersuchungs- und Restaurierungsprojekt finden in einem Glaskubus statt, das Publikum wird Zeuge. Das Gemälde zu restaurieren wird mindestens ein Jahr dauern und rund drei Millionen Euro kosten.
Rembrandt so nah kommen, wie nie zuvor
12’500 Fotos werden angefertigt, aus der Distanz einerseits, aus der Nähe andererseits. Mit Nähe sind Millimeter gemeint, manchmal auch das Tausendstel eines Millimeters. Damit wird man bis zu einzelnen Farbpartikeln Rembrandts vordringen, etwas, was dem menschlichen Auge bislang verschlossen blieb.
Ein Röntgen-Scanner wird die Elemente der Farbschichten ermitteln: Calcium, Kobalt, Eisen. In 56 Aufnahmen werden so die Geheimnisse der Farbpigmente gelüftet. Man erhält so aber auch Aufschluss über Rembrandts Maltechnik, über die Farbmischung, Verwischung, Farbschichten, Pinselstrich.
Rekonstruktion des malerischen Prozesses
Am Ende der «Operation Nachtwache» könnte eine Rekonstruktion des malerischen Prozesses stehen. Man wüsste, wie er es gemacht hat.
In einem zweiten Schritt soll das Gemälde umfassend restauriert werden. An einigen Stellen seien Farben verwischt, oder das Bild sei von einer weisslichen Schicht bedeckt, teilt das Museum mit.