Das Wichtigste in Kürze
- Im Oktober 2016 wurde bekannt: Die Kunstsammlung Hahnloser der Winterthurer «Villa Flora» kehrt nicht ins Heimatmuseum zurück, sondern gehen ins Kunstmuseum Bern.
- Der Winterthurer Stadtpräsident freute sich dennoch, dass die Bilder ausgestellt werden und nicht im Depot landen.
- Weil Bern bereit ist, den Dauerleihvertrag von 15 Jahren frühzeitig zu lösen, kehren die Werke 2020 nach Winterthur zurück in die «Villa Flora».
«Ein Schock, der hoffentlich wirkt» – so titelte «Der Landbote», als im Oktober 2016 bekannt wurde, dass der Stiftung Hahnloser/Jaeggli ein Coup gelungen war. Die 100 Bilder, die zwei Jahre lang in Hamburg, Paris und Stuttgart gezeigt wurden, kommen nicht nach Winterthur zurück, sondern gehen nach Bern.
Doch statt in ein Lamento auszubrechen, reagierte Winterthurs Stadtpräsident Mike Künzle gelassen. Er liess verlauten: Es freue ihn, dass die Bilder – wenn auch in Bern – weiterhin öffentlich gezeigt würden.
Ein besonderes Anliegen
Vermutlich war dem Stadtpräsidenten klar, dass dieser Coup und temporäre Bildertransfer ihm nur in die Hände spielen würde. Denn Mike Künzle träumte von der sogenannten Drei-Häuser-Strategie.
Er wollte das Kunstmuseum Winterthur, das finanziell ins Schlingern geratene Museum Oskar Reinhart und die geschlossene «Villa Flora» in die strategische Obhut des Winterthurer Kunstvereins geben. Dabei war ihm die Wiederbelebung der «Villa Flora» ein besonderes Anliegen.
Sammlung auf Tournee
Von 1995 bis 2014 war die «Villa Flora» ein privates Sammlermuseum. In diesem beschaulichen Museum wurden unter anderem Werke von Pierre Bonnard, Odilon Redon, Edourad Vuillard und Félix Vallotton gezeigt.
Weil die von der Sparwut erfassten Stadt Winterthur dem Haus den Betriebsbeitrag entzog und eine lange geplante Sanierung der «Villa Flora» sistierte, knipsten die Verantwortlichen die Museumslichter aus und schickte die Bilder auf Europa-Tournee.
An der Strategie gibt's nichts zu rütteln
Derweil weibelte der Stadtpräsident und überzeugte den Kanton Zürich, die Winterthurer Museen mit mehr Geld zu unterstützen. Tatsächlich zeigte sich der Kanton grosszügig und versprach eine Erhöhung der Subventionen um jährlich 700’000 Franken. Unter der Bedingung, dass die «Villa Flora» saniert würde, damit die Bilder museumskonform ausgestellt werden könnten.
Gleichzeitig präsentierten die Kulturabteilung und der Stadtpräsident dem Gemeinderat eine neue Museumsvorlage. Diese hielt fest: An der Drei-Häuser-Strategie gibt’s nichts zu rütteln.
Viel Museum für wenig Geld
Im Mai 2017 sagte der Grosse Gemeinderat Winterthur mit nur zwei Nein-Stimmen deutlich ja. «Wir bekommen viel Museum für wenig Geld», lautete denn auch der frohe Schlachtruf während der Debatte.
Weil Bern bereit ist, den Dauerleihvertrag frühzeitig zu lösen, werden die Redons, Vuillards, Vallottons und Bonnards 2020 nach Winterthur transportiert, die «Villa Flora», das ehemalige Wohnhaus des Sammler-Ehepaares Hedy und Arthur Hahnloser, ihre Tore wieder öffnen.
Anerkennung für umstrittene Künstler
Mit diesem feinen, aber kleinen Museum mit lauschigem Garten setzt die Stadt Winterthur dem Augenarzt Arthur Hahnloser – aber in erster Linie seiner Frau Hedy – indirekt ein Denkmal. Von 1905 bis 1936 haben die beiden Kunst gesammelt, wobei Hedy die treibende Kraft war.
Indem sie sich besonders für die postimpressionistischen Künstler in Paris interessierte, bewies die Fabrikantentochter Hedy Hahnloser Mut. Zum einen waren die Maler, mit denen sie oft auch eine Freundschaft pflegte, damals noch umstritten. Zum anderen waren die Postimpressionisten bei den Winterthurer Kunstfreunden unbekannt.
Das Ding mit dem Ring
Hedy Hahnloser musste sich denn auch den Vorwurf gefallen lassen, anti-schweizerisch zu sammeln. Als Frau blieb ihr zudem der Zugang in den Vorstand des Winterthurer Kunstverein verwehrt.
Keck behaupten Kunsthistorikerinnen heute, dass sie bei den Vorstandssitzungen trotzdem immer dabei war: in Form des Eheringes ihres Ehemannes. Auf einem Bild, das den Vorstand des Kunstvereins zeigt, ruht Arthur Hahnlosers Hand auf dem Tisch im Bildvordergrund und dort glänzt der Ehering.
Sendung: SRF 1, Sternstunde Kunst, 15.08.2017, 13.00 Uhr