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Kulturredaktorin Karin Salm über Max Vogt.
Aus Kultur-Aktualität vom 30.12.2019. Bild: Keystone
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SBB-Architekt Max Vogt ist tot Rohe Bauten mit Eleganz und Raffinesse

Der Zürcher entwarf über 200 Gebäude und prägte damit die Schweizer Bahnarchitektur. Nun ist Max Vogt gestorben.

Wer viel mit der Bahn unterwegs ist, vor allem in der Ostschweiz, kennt die Betonbauten, die meist roh und etwas abweisend wirken: das mächtige Zentralstellwerk vor dem Zürcher Hauptbahnhof oder das Bahnhofsgebäude mit den langen Laubengängen in Killwangen-Spreitenbach.

Wie Bunker oder ruppige Skulpturen stehen sie da, aber strahlen beim genaueren hinsehen eine zurückhaltende Eleganz aus. Sie tragen die Handschrift des Architekten Max Vogt.

Wie jetzt bekannt wurde, ist der Zürcher am 12. Dezember kurz vor seinem 95. Geburtstag verstorben.

Vorliebe für Sichtbeton

Vogt selbst bezeichnete seine Gebäude gerne als «Betonschröppen». Als Baumaterial bevorzugte er den Sichtbeton. Das ist nachvollziehbar: Beton ist robust und belastbar. Seine Vorliebe für Sichtbeton hatte aber auch ästhetische Gründe.

Ein Bahnhofsgebäude, das würfelförmig aus Beton gebaut ist. Es ist das Bahnhofsgebäude von Killwangen-Spreitenbach
Legende: Vogts Handschrift ist an vielen Orten in der Deutschschweiz zu entdecken. Hier der Bahnhof Killwangen-Spreitenbach. Wikimedia/Bobo11

«Bei meinen Fahrten im Zug habe ich mich stets über den vergammelten Eindruck von Bahnhöfen gewundert, bei denen der Verputz abblättert», erklärte Max Vogt vor 15 Jahren, kurz vor seinem 80. Geburtstag. Er gab gerne Auskunft, aber er wollte partout nichts ins Mikrophon sprechen.

Schlaraffenland für Architekten

Sein Handwerk hatte Vogt von 1945 bis 1949 an der ETH gelernt, zu seinen Vorbildern gehörte Le Corbusier. 1957 trat er die Stelle als Architekt in der damaligen SBB-Kreisdirektion III an und war für alle Neubauten zuständig.

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Bahnhöfe, Brücken, Tunnelportale
aus DRS2aktuell vom 28.06.2008.
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Vogt muss sich wie im architektonischen Schlaraffenland gefühlt haben. Zum einen war der Erneuerungsbedarf enorm: Zwischen 1955 und 1965 verdreifachten die SBB ihre Investitionen. Vogt und seine Sektion entwarfen und bauten bis zu 40 Projekte pro Jahr.

Zum andern galten für die Bahnbauten keine kommunalen Bauvorschriften. Massgebend waren der SBB-Betrieb und die Sicherheit.

Raffiniert und funktional

Für Effretikon konzipierte Max Vogt seinen ersten Bahnhof. Daran lässt sich bestens ablesen, wie seine Bauten funktionieren: Es sind Kompositionen aus ineinandergeschobenen Körpern.

Das Aufnahmegebäude mit Schalterhalle und Abfertigungsraum und das Nebengebäude mit Güterschuppen, Kiosk und WCs platzierte er parallel zu den Geleisen. Zwischen Aufnahme- und Nebengebäude stellte er den Wohntrakt für den Bahnhofvorstand auf Stützen.

Das hatte zwei Vorteile: die Wohnungen waren besonnt und auf dem befahrbaren Vorplatz entstand so eine Art Vorhalle. So erreichten Passagiere trockenen Fusses den Zug. Vogts Kompositionen waren also nicht nur raffiniert, sondern auch höchst funktional.

Auszeichnung und Schandfleck

Genauso raffiniert gelang Vogt der Bahnhof Zürich Altstetten: Die 45 Wohnungen über der eigentlichen Station sind vom Bahnlärm abgewandt. Der Garten und Spielplatz befinden sich auf dem Dach.

Hochhaus aus Beton neben Gleisen
Legende: An diesem Gebäude von Max Vogt scheiden sich die Geister: der Bahnhof Zürich Altstetten. KEYSTONE/Christian Beutler

Nicht alle Werke von Max Vogt kamen überall gleich gut an: Der markante Bau in Altstetten gewann 1972 zwar eine Auszeichnung der Stadt Zürich für «gute Bauten», wurde 2006 wiederum einer Kulturplatz-Serie als «Schandfleck» nominiert.

Aushängeschild in Zürich

Eines von Vogts bekanntesten Werke ist das Zentralstellwerk in Zürich. Es ist von spröder Schönheit und hat sich längst zum Wahrzeichen entwickelt.

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Architekt Max Vogt gestorben
Aus Tagesschau vom 30.12.2019.
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Im Kommandoraum der Kanzel haben die Zugsverkehrsleiter über 50 Jahre lang den Zugverkehr überwacht. Seit die Zugsteuerung in Kloten zentralisiert wurde, ist das Zentralstellwerk in erster Linie ein Denkmal.

Mit diesem Denkmal und über 150 weiteren Bauten hat Max Vogt die Schweizer Bahnarchitektur und das Corporate Design der SBB mitgeprägt.

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