Wer 2002 an der letzten Schweizer Landesausstellung war, dürfte sich an das Panorama der Schlacht bei Murten erinnern. Es war in dem vom Stararchitekten Jean Nouvel entworfenen Monolithen auf dem Murtensee ausgestellt.
Seitdem wurden die drei Leinwandrollen in einem Armeedepot im Berner Oberland aufbewahrt. «Das ist frustrierend, weil die Bevölkerung das Panorama sehr schätzt», sagt Christiane Feldmann, die Präsidentin der Stiftung für das Panorama der Schlacht bei Murten.
Leider sei es nicht gelungen, das 1894 von Louis Braun und seiner Equipe gemalte Werk permanent der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Es fehlten der Ort und die finanziellen Mittel dafür.
3D-Effekt aus dem 19. Jahrhundert
Heute befinden sich die je eine Tonne schweren Rollen im Labor für experimentelle Museologie der École Polytechnique Fédéral de Lausanne (EPFL). Beim Besuch vor Ort ist in einem dunklen Raum ein kleiner Ausschnitt des Panoramas ausgerollt.
Professorin Sarah Kenderdine und Daniel Jacquet vom Institut gleiten mittels einer elektronischen Plattform über das Bild, bis eine der Hauptfiguren der Schlacht zu sehen ist: Karl der Kühne in goldener Rüstung. «In Goldfarbe wurde die Rüstung lebendiger gestaltet», sagt Sarah Kenderdine.
Die Farbe hebt sich von der flachen Leinwand ab und schafft einen dreidimensionalen Effekt. Das zeige, dass das Panorama schon damals kein rein zweidimensionales Werk gewesen sei.
1, 6 Trillionen Pixel
An der ETH Lausanne wird in den nächsten Monaten ein detailgetreues Digitalbild der Schlacht erstellt. Das passiert vollautomatisiert, mit einer Digitalkamera mit einem Sensor von 150 Megapixeln. 126'000 Fotos brauche es dafür, so die Professorin.
Die Fotos überlappen sich jeweils zu 30 Prozent und werden von einer Software zusammengesetzt. Die Bilddatei wird 1,6 Trillionen Pixel – eine Zahl mit 18 Nullen – gross. Damit dürfte es das grösste Digitalbild der Welt werden. Der Umgang mit diesem enormen Datensatz ist die grösste technische Hürde des Projektes.
Für die Zuschauerinnen und Zuschauer wird die Digitalisierung einen grossen Mehrwert bringen. So werden dank Programmen Details wie die Rüstung von Karl dem Kühnen ausgeschnitten werden können.
Countdown bis zum Jubiläumsjahr
Das Labor ist zudem auf Interaktion spezialisiert. Einzelne Soldaten könnten in Studios sogar animiert werden. Auch eine Geräuschkulisse oder Gerüche sind möglich. Zudem kann das Panorama in heutige Landschaftsaufnahmen umgewandelt werden.
Stiftungspräsidentin Feldmann erhofft sich, dass das Panorama dank dem Digitalisierungsprojekt wieder gezeigt werden kann. Das soll auch dazu beitragen, möglichst bis 2026 einen Standort für das originale Panorama zu finden. Dann jährt sich die Schlacht von Murten zum 550 Mal.
Die Digitalisierung ist aber auch ein Testlauf für die 15 Panoramen, die weltweit noch erhalten geblieben sind. Auch sie könnten digitalisiert werden, wie Kulturgüter im Allgemeinen. «So viele Objekte verschwinden, ganze Stätten werden in die Luft gejagt», sagt Sarah Kenderdine. Die Digitalisierung sei ein möglicher Weg, das kulturelle Erbe zu bewahren.
Nun wird eine geeignete Institution für das digitale Schlachtpanorama gesucht. Ein möglicher Partner wäre die Nationalbibliothek, mit der die EPFL bereits im Gespräch ist. Damit bliebe das Panorama für die Öffentlichkeit bewahrt und zumindest digital zugänglich.