Der britische «Guardian» erhebt Vorwürfe gegen einen der bekanntesten britischen Künstler: Damien Hirst soll drei seiner Kunstwerke – konservierte Tiere – absichtlich älter gemacht haben, als sie tatsächlich sind. Konkret hat der «Guardian» aufgedeckt, dass die drei Werke im Jahr 2017 erschaffen wurden. Hirst hingegen datiert sie auf die 1990er-Jahre. Zudem soll er die Werke künstlich bearbeitet haben, damit sie älter aussehen.
Eine unschöne Geschichte, die nicht passieren dürfte, ist Kunstkenner Andreas Ritter der Ansicht. Erstaunt aber ist der Experte nicht: Damien Hirst sei als «Enfant terrible» der Kunstszene schon für manches «Skandälchen» gut gewesen.
SRF: Was war Ihre Reaktion, als Sie von den Vorwürfen gegen Damien Hirst erfahren haben?
Andreas Ritter: Ich musste vor allem darüber schmunzeln. So etwas ist bei Damien Hirst nicht das erste Mal passiert. Ihm ist bereits ein in Formaldehyd eingelegter Hai wortwörtlich vom Haken gefallen, weil er innerlich verrottet ist.
Hirsts Anwälte haben bereits reagiert und erklärten, dass der Künstler bereits in den 1990er-Jahren mit dieser Methode Tiere zu Kunstwerken verarbeitet hat. Laut den Anwälten sei es üblich, dass man das Datum der Konzept-Entwicklung dann auch auf Werken angibt, die erst später entstanden sind. Es gelte sozusagen der Zeitpunkt der Idee. Wie wirkt diese Argumentation auf Sie?
Das ist eine ganz klassische Argumentation. Wir kennen sie vor allem aus dem Bereich der Konzeptkunst: Der Künstler arbeitet ein Konzept aus. Für den Sammler, der das Kunstwerk erwirbt, gibt es ein Zertifikat, dass er beispielsweise ein Gemälde zu Hause an der Wand auftragen lassen kann. Wenn der Sammler auszieht, wird es übermalt und am neuen Wohnort wieder neu aufgemalt. Das Zertifikat bleibt aber das ursprüngliche.
Ein derartiges Vorgehen bei einem in Formaldehyd eingelegten Haifisch oder sonstigem Getier habe ich noch nie gehört.
Könnte man hierbei bereits von einer Fälschung sprechen?
Nein, eine Fälschung ist das eindeutig nicht. Wir haben den lebenden Künstler, der sein eigenes Werk als Original betitelt. Meines Erachtens – sollten sich die Vorwürfe erhärten, dass er hier geschummelt und ein falsches Produktionsjahr angegeben hat – ist das einfach nicht ganz sauber gearbeitet.
Damien Hirst hatte schon viele ‹kleine Skandälchen›.
Es könnte nämlich sein, dass dadurch Frühwerke auf dem Markt höher gehandelt werden. Eine Fälschung ist es deswegen überhaupt nicht.
Sie haben es eingangs gesagt: Damien Hirst hat einen bestimmten Ruf in der Kunstwelt, sodass die aktuelle Meldung Sie nicht überrascht hat. Denken Sie, dass die Vorwürfe seinem Ruf als Künstler schaden könnten?
Für ihn und vor allem auch für seine Galeristen ist das eine sehr unschöne Geschichte, die eigentlich nicht passieren dürfte. Damien Hirst gilt sowieso als das «Enfant terrible» des Kunstmarktes.
Ob tausende Kunstwerke, die er eigenhändig verbrannt hat oder der falsch konservierte Hai, der innerlich verfault ist und vom Haken gefallen ist: Er hatte schon viele «kleine Skandälchen». Der neue Vorfall wird wohl seinem Ruf nicht wahnsinnig schaden.
Das Gespräch führte Bodo Frick.