Wer es auf das Cover von grossen Modemagazinen schafft, ist berühmt. So wie Kristina Bazan, die Genfer Modebloggerin (« Kayture »), welche gerade vom Titelblatt der südafrikanischen «Elle» blickt. Die Vorarbeit haben andere Blogger geleistet.
Ein Foto, aufgenommen während der Modewoche in Milano im September 2008, erzählt davon: Der junge Blogger Bryanboy sitzt in der ersten Reihe, bloss zwei Sitze neben der US-«Vogue»-Chefredaktorin Anna Wintour und dem «Vogue»-Journalisten Hamish Bowles. Bryanboy blickt scheu in die Kamera, Anna Wintour betont in die andere Richtung und Bowles indigniert.
Mode als demokratische Sache
Die Aufnahme dokumentiert einen Kulturwandel in der Modeberichterstattung. Während die Frontrow hart zu erkämpfen und bis anhin Modejournalistinnen, Einkäufern und den besten Kundinnen vorbehalten war, reservierte man nun Plätze für Modeblogger. Für Leute wie Scott Schuman (« The Sartorialist »), Tommy Ton (« Jak&Jil ») oder Susie Lau (« Style Bubble »). Sie waren es, die nicht nur in Echtzeit vom Laufsteg berichteten, sondern auch aufregend gekleidete Leute auf der Strasse fotografierten – und online teilten.
Mode war auf einmal eine demokratische Sache, also nicht nur einer kleinen Gruppe von Meinungsmachern vorbehalten, sondern Allgemeingut, kommentiert von der ganzen digitalen Welt. Designer begannen, Blogger mit Geschenken zu hofieren. Marc Jacobs erkannte dabei als einer der ersten Designer die grosse Reichweite und damit wirtschaftliche Signifikanz dieser jungen Fotografen und benannte eine seiner Taschen nach Bryanboy.
Einfluss aufs Kaufverhalten der Follower
Mittlerweile warten Trauben von Bloggern vor den Türen der grossen Modepräsentationen in New York, London, Mailand und Paris. Es sind schaurige Szenen: Man rennt, schreit, feilscht. Da sind Streetstyle-Stars, die ihren Lieblingsfotografen per SMS Bescheid geben, dass sie gleich um die Ecke biegen. Fotografen, die schöne Frauen in neue Schuhe stecken, weil Labels ja Geld zahlen, um in den Bildern stattzufinden.
Dabei haben sich doch viele ihrer Vorbilder längst neu orientiert: Susie Lau etwa schreibt als Journalistin vertieft über Mode, Tavi Gevinson (« Style Rookie ») ist das Gesicht der Beautymarke Clinique, Herausgeberin des hervorragenden Magazins «Rookie Mag» und eine gescheite Vordenkerin der Generation Y.
Für die aktuelle Generation von Fashionbloggern wie Kristina Bazan ist Instagram vital. Sie sind wichtige «Influencer», also Leute, die inzwischen genug Followers vorweisen können, um für die Zusammenarbeit mit Labels – oder eben ein Modemagazincover – attraktiv zu sein. Bazans digitale Reichweite ist mit fast zwei Millionen Followern (mehr als Susie Lau, Bryanboy und Scott Schuman zusammen) so gross, dass sie das Kaufverhalten von Kundinnen und Kunden aktiv mitzugestalten vermag.
Ein Millionengeschäft
Modeblogger und Modehäuser sind heute Geschäftspartner. «Man muss aber authentisch bleiben», sagt Kristina Bazan im Interview mit der südafrikanischen «Elle». «Und das kann in der Modeindustrie ziemlich schwierig sein.» Ihre Kolleginnen und Kollegen sind längst nicht mehr nur an Frontrowplätzen und netten Geschenken interessiert. Sie wollen Geld.
Gemäss einer Auswertung des Branchenblattes WWD hat etwa die italienische Bloggerin Chiara Ferragni (4,4 Millionen Follower, « The Blonde Salad ») letztes Jahr acht Millionen Dollar verdient. 30 Prozent davon kamen mit Werbung und Partnerschaften mit Labels zusammen, den Rest hat sie mit ihrer Schuhmarke «The Ciara Ferragni Collection» verdient. Scheu in die Kamera? Blickt längst niemand mehr.