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Street Art Eine Schweizer Künstlerin lässt riesiges Unkraut spriessen

Mit grossflächigen Wandmalereien kommentiert Mona Caron die Gentrifizierung – und ist damit international gefragt.

An der Ecke Church und 14th Street in San Francisco, an der Aussenmauer eines Corner Stores, findet man ein etwa zehn mal drei Meter grosses Mural – ein Wandbild. Es gehört seit vielen Jahren zum festen Bild des Quartiers. Passanten laufen daran vorbei, ein Vater mit seiner kleinen Tochter auf dem Arm schaut genauer hin, deutet auf Personen und Einzelheiten im Bild.

Gemalt hat das Bild die Schweizer Künstlerin Mona Caron. Sie stammt ursprünglich aus Locarno, lebt und arbeitet aber bereits seit 1996 in San Francisco. Von ihr sind insgesamt 12 solcher Murals in der nordkalifornischen Metropole zu sehen.

Eine Frau bemalt mit einer Sprühdose eine Wand.
Legende: Keine Routinearbeit: Wenn Mona Caron vor einer leeren Wand steht, hat sie noch immer Bauchschmerzen. Mona Caron/Dustin Fosnot

Mikrokosmos in der Vogelperspektive

Hier in San Francisco treffe ich Mona Caron. Wir schlendern in eine Seitenstrasse und setzen uns an diesem sonnigen Tag auf die Stufen eines viktorianischen Gebäudes.

«Das Wandbild ist eine einzige Vogelperspektive auf die Market Street in San Francisco», sagt sie. «Darin vergleiche ich verschiedene Momente der Geschichte: Wie die Leute den öffentlichen Raum gebraucht haben, wie er sich geändert hat und was vielleicht mal wird.»

Audio
Porträt der Künstlerin Mona Caron
aus Kultur kompakt vom 25.06.2018. Bild: Mona Caron
abspielen. Laufzeit 3 Minuten 1 Sekunde.

Mit Anwohnern im Gespräch

Dieses Wandbild ist eines der frühen von Mona Caron. Damals, als sie nach einem Studium an der Academy of Art in San Francisco hängen blieb, ein relativ günstiges Zimmer fand und eintauchte in die kreative Schaffenswelt der «City by the Bay».

Sie nahm sich Zeit, sprach mit Anwohnern über das, was ihnen im Quartier wichtig ist. Und verarbeitete all das in den riesigen Murals.

Mit Unkraut zur Berühmtheit

Doch das ist lange her. Bekannt ist sie nun geworden – und das weltweit – durch ihre riesigen Wandbilder, die Unkräuter darstellen, die in kleinsten Betonritzen wachsen. Mona Caron spricht von einer Metapher: Unkraut vergeht nicht.

Eine komplette Hochhaus-Wand in einer Metropole ist mit Blumen bemalt.
Legende: Künstliche Natur in einer taiwanesischen Metropole. Links unterhalb des Schmetterlings ist die Künstlerin bei der Arbeit zu sehen. Mona Caron/BambooYang

So sei es auch in einer Stadt wie San Francisco, in der die Gentrifizierung unbarmherzig voranschreitet. «Ich fing an, diese Pflanzen zu malen, wie sie Zentimeter um Zentimeter wachsen und habe davon Trickfilme gemacht. Dies in einem visuellen Kontext, wo sie plötzlich grösser wurden als die Stadt selbst.»

Viraler Hit – mit 17 Followern

Mona Caron fing mit diesen Unkraut-Illustrationen auf den Dächern von San Francisco an, wollte damit die Rückeroberung der Stadt darstellen. Ein Kurzfilm auf YouTube wurde zum weltweiten Hit.

«Ich hatte nur 17 Follower. Aber irgendwie ist das raus, ging durchs Internet und plötzlich habe ich aus der ganzen Welt Nachrichten von Leuten bekommen, die sagten: ‹Ich weiss genau, wovon du sprichst›.» Post erhielt sie sogar aus dem Kriegsgebiet im Irak.

International gefragt

Danach wurde Caron an die unterschiedlichsten Orte eingeladen, um ihre Kräuter an kahlen, grauen Betonwänden wachsen zu lassen. Sie malte unter anderem schon in Brasilien, Mexiko und Taiwan.

Eine Frau malt eine übergrossen Löwenzahn-Pflanze an eine Hausmauer.
Legende: Auch in der Schweiz aktiv: Mona Caron bemahlt eine Wand in Mendrisio im Tessin. Mona Caron

Auf ihrem Instagram-Profil und auf YouTube hat Mona Caron seitdem viele Bilder und Videos veröffentlicht, die ihre Kunstwerke und sie selbst bei der Arbeit zeigen.

«Scheisse, was mach ich da?»

Doch auch nach all den Jahren ist das Wachsen der Unkräuter noch immer keine Routine geworden. Am Anfang, wenn sie vor der leeren Wand stehe, habe sie noch immer Bauchschmerzen.

Eine Frau mit langen Haaren sitzt im Schneidersitz vor einer mit Löwenzahn bemalter Wand
Legende: Mit ihren Unkraut-Murals ist Mona Caron international gefragt. Mona Caron/Nick Kasimatis

«Ich denke mir, das werde ich nie fertigbringen. Früher hatte ich manchmal Monate an einer Wand. Es ist ein Wahnsinn, dass heutzutage nicht nur die Wände sehr viel grösser sind, sondern dass man mir sagt: ‹OK, du hast 15 Tage Zeit.›» Caron lacht: «Danke vielmals… Ja Scheisse, was mach ich da?»

Aufhören kann und will sie dennoch nicht, die Wände ziehen sie weiter an. Ihre Unkräuter wachsen auf grauem Beton weiter und nehmen sich den Platz zum Wuchern.

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