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Gespräch mit der Künstlerin Valie Export
Aus Kultur-Aktualität vom 24.02.2023. Bild: ALBERTINA Wien – The ESSL Collection/VALIE EXPORT/ProLitteris Zürich/Gertraud Wolfschwenger
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Valie Export in Winterthur Feministische Kunst: Wenn die Männer starrten, starrte sie zurück

Valie Export ist eine Pionierin der feministischen Medien- und Aktionskunst. Eine neue Ausstellung im Fotomuseum Winterthur fokussiert auf ihr fotografisches Oeuvre.

Ihr Name ist Marke und Geste zugleich: «VALIE EXPORT» – in Grossbuchstaben prägt er sich ein und prägt sich auf. Wie ihre Kunst. Im Kampf für mehr Gleichberechtigung liess sie sich auch schon einen Strumpfbandhalter auf den Oberschenkel tätowieren. Das war für sie Ausdruck weiblicher Versklavung und Fremdbestimmung.

Frau mit Kleid und Tätowierung auf dem Oberschenkel
Legende: Ein tätowierter Strumpfbandhalter auf dem Oberschenkel: «Body Sign B», 1970 (Albertina Wien/The ESSL Collection). 2022, ProLitteris, Zürich/Gertraud Wolfschwenger

In ihrer Streitschrift «Feministischer Aktionismus» forderte sie eine feminine Körpersprache, die sich nicht mehr den Gesetzen der Werbung und den Begehrlichkeiten des männlichen Blickes unterwirft.

«Die Frau muss sich aller Medien als Mittel des sozialen Kampfes und als Mittel für den gesellschaftlichen Fortschritt bedienen, um die Kultur von den männlichen Werten zu befreien», sagt die heute 82-Jährige.

Wer ist Valie Export?

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Legende: Die Künstlerin Valie Export 2022 in Salzburg. IMAGO / SKATA

Valie Export, 1940 in Linz geboren, lebt und arbeitet in Wien. Sie zählt zu den Pionierinnen der Performance- und Konzeptkunst. 1967 legte sie mit dem Namen Valie Export in einer zu dieser Zeit radikalen Geste sowohl den Namen ihres Vaters als auch den ihres Exmannes ab, um eine neue Identität für sich zu beanspruchen.

Ihre Werke wurden weltweit im Rahmen zahlreicher Einzel- und Gruppenausstellungen gezeigt. Die Künstlerin lehrte an unterschiedlichen internationalen Institutionen und war von 1995 bis 2005 als Professorin für Multimedia-Performance an der Kunsthochschule für Medien in Köln tätig.

Gegen den männlichen Blick

Ihr Mittel war die Fotografie. Damit emanzipierte sich die Österreicherin von patriarchalen Machtstrukturen. Valie Export war nicht länger die Dargestellte, sie wurde zur Darstellenden. Provokant und fast schon aggressiv trat sie 1968 für «Aktionshose Genitalpanik» vor die Kamera.

Die Künstlerin sitzt, in Lederjacke, mit Maschinengewehr am Anschlag, die Beine breit gespreizt. Die Jeanshose im Genitalbereich ist ausgeschnitten, sodass der Blick auf ihre behaarte Vulva fällt. «Ich habe nicht für den männlichen Blick posiert, sondern so, wie ich meinen Körper darstellen wollte.»

Frau mit gespreizten Beinen sitzen auf einer Bank.
Legende: Provokante Aufnahme: Valie Exports «Aktionshose: Genitalpanik» von 1969. Galerie Thaddaeus Ropac/ProLitteris Zürich/Peter Hassmann

An der Leine durch Wien

Für Valie Export war das feministische Kunst: Sie drehte die Rollenzuschreibungen kurzerhand um, zeigte sich mit männlichen Attributen, ihre Vulva auf diesem Foto eher bedrohlich als erotisch aufgeladen.

Legendär wurde auch ihre Performance «Aus der Mappe der Hundigkeit», bei der sie den Medienkünstler Peter Weibel wie einen Hund an der Leine durch Wien führte.

Bei der Aktion «Tapp und Tastkino» lud sie Frauen und Männer ein, ihre nackten Brüste durch eine Schachtel, die sie sich vor den Oberkörper geschnallt hatte, zu befühlen. Auf den Fotos ist zu erkennen, wie sie dabei den Blick des Gegenübers sucht. «Das war das Interessanteste: Wie die Blicke miteinander korrespondierten – Besucher und ich als Akteurin», sagt die Künstlerin.

Valie Export war eine Pionierin der feministischen Aktions- und Medienkunst. Indem sie sich mit den Regeln der Fotografie auseinandersetzte, kam sie auch ihren eigenen Vorstellungen von Weiblichkeit immer näher. So wie das Bild immer nur ein zeitlich begrenztes Abbild der Wirklichkeit sei, sei auch die Darstellung der Frau nicht etwas natürlich Gegebenes, so ihre Erkenntnis.

Selbstermächtigung durch Wachs

Valie Export fügte sich in ihren Arbeiten immer wieder selbst Verletzungen zu, sie reinszenierte den Kampf der Geschlechter am eigenen Leib. «Ich kann den Körper aus verschiedenen Perspektiven fotografieren. Es wird immer ein Körper sein, aber er wird immer anders präsentiert sein. Und er lässt natürlich auch Identitätssprünge zu», sagt sie.

Was sie damit meinte, war in der Performance «ASEMIE – Die Unfähigkeit sich durch Mienenspiel ausdrücken zu können» zu beobachten. Dabei übergoss sie ihre Hände und Füsse mit heissem Wachs. Die Fotos dokumentieren, wie das Wachs nach und nach erhärtet, ihre Glieder erstarren und sie sich zum Ende hin aus der Erstarrung befreit.

Dieser Akt der Selbstermächtigung ist stark und er durchzieht ihr Werk immer wieder – bis zum heutigen Tag.

Ausstellungshinweis

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«VALIE EXPORT – Die Fotografien» ist noch bis am 29. Mai 2023 im Fotomuseum Winterthur zu sehen. Mehr Informationen hier.

Radio SRF 2 Kultur, Kultur-Aktualität, 24.02.2023, 17:40 Uhr

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