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Vom Dorfjungen zur Avantgarde Wie ein Berner Bauernsohn zum Bauhaus-Pionier wurde

Der Schweizer Johannes Itten war eine der zentralen Persönlichkeiten des Bauhauses und Begründer der Farbtypenlehre. Geboren wurde der Maler und Kunsttheoretiker 1888 im Berner Oberland.

Alles nahm seinen Anfang im Jahr 1919, kurz nach Ende des Ersten Weltkriegs. Damals wurde Johannes Itten von Walter Gropius, Gründer und Leiter der Bauhaus-Schule, nach Weimar berufen.

Handwerk und Kunst vereint

Das Konzept der Schule war revolutionär. Die Suche nach neuen Lebenskonzepten stand im Mittelpunkt, ebenso die Offenheit, künstlerisch Neues auszuprobieren. Den Rahmen bildete das Bauhaus-Manifest von Gropius.

Ein Mann blickt auf ein Gebäude.
Legende: Bauhaus-Gründer Walter Gropius schwebte eine andere Zukunft vor als dem spirituellen Johannes Itten. Keystone

Ein zentraler Punkt darin war der Aufbau einer neuen, besseren Welt mit einer neuen künstlerischen Gestaltung. Handwerk und Kunst sollten vereint und der Unterricht praxisorientiert geführt werden.

Farbenlehre, Menschenbildung

Itten besuchte nach dem Lehrerseminar in Bern die Kunsthochschule in Genf. Mit seinem Wissen in Kunst und Pädagogik wurde er bald zu einer zentralen Figur des Bauhauses. Er leitete den Grossteil der Werkstätten und etablierte den sogenannten Vorkurs, eine Basisausbildung, die jeder Student durchlaufen musste. Zuerst Menschenbildung, dann Ausbildung lautete das Credo.

Seine Lehre über die Farbkontraste sowie den 12-teiligen Farbkreis entwickelte Itten für praktische Zwecke. Die Studenten sollten das Wirken und Zusammenspiel der Farben besser verstehen können.

Johannes Ittens Farblehre

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 Ein Kreis mit 12 Farbfeldern.
Legende: Wikimedia / Malte Ahrens

Johannes Itten beschäftigte sich als Kunstmaler und Graphiker intensiv damit, wie Farben wirken, Kontraste bilden und mit Form zusammenspielen. Seine Farblehre hielt er u.a. im Buch «Kunst der Farbe» (1961) fest.

Zudem erprobte Itten am Bauhaus mit seinen Schülerinnen und Schülern, wie Personen mit Farben harmonieren. Daraus entstand die Farbtypenlehre, die bis heute bei Stilberatungen zum Zug kommt.

Östliche Spiritualität statt Technik-Euphorie

Der Entwicklung einer wissenschaftlich-technischen Zivilisation stand Itten kritisch gegenüber. Den Ausweg sah er in der Verbindung westlichen Denkens mit östlichen religiösen Praktiken. Dies führte zu Spannungen innerhalb der Bauhaus-Schule.

Gründer Gropius wollte die Einheit von Kunst und Technik. Itten hingegen war der Ansicht, man solle «im vollkommenen Gegensatz zur wirtschaftlichen Aussenwelt individuelle Einzelarbeit leisten.» Schlussendlich setzte sich Gropius mit seinem Ansatz durch und Itten verliess die Schule im Jahr 1923.

Erst nach dem Krieg gefeiert

Daraufhin zog Itten nach Berlin. Er gründete eine eigene Kunstschule, die Itten-Schule. Ausserdem leitete er eine Kunstschule in Krefeld.

1938, während der Zeit des Nationalsozialismus, wurde er dort entlassen. Seine Werke wurden in der Propagandaausstellung «Entartete Kunst» als Negativbeispiele gezeigt.

Ein mann kritzelt mit Kreide Formen auf eine Wandtafel.
Legende: Nach dem Krieg hatte Johannes Itten den grössten Erfolg. Das Bild zeigt ihn 1964 im Unterricht. Wikimedia / Serge Lachinov / E. A. Seeman Verlag Berlin

Itten hatte alles verloren. Er emigrierte nach Holland und zog 1938 nach Zürich. Dort wurde er Direktor der Kunstgewerbeschule.

In seinen letzten Lebensjahren erlebte Itten seine grössten künstlerischen Erfolge: So vertrat er 1966 die Schweiz an der Biennale in Venedig. Nur ein Jahr später starb er im Alter von 78 Jahren.

Als Pionier und Erneuerer der Kunstpädagogik hat Itten die Entwicklung der Kunst und die Lehre an Kunstschulen weltweit und entscheidend geprägt. Zugleich bleibt er aber in der öffentlichen Wahrnehmung bis heute einer der grossen Unbekannten seiner Zeit.

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