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Ein Musketier zum Teilen
Aus Kultur-Aktualität vom 19.11.2019. Bild: Succession Picasso / 2019, ProLitteris, Zurich
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Zentrum Paul Klee Dieser Picasso gehört 25'000 Menschen

In der Schweiz haben 25'000 Menschen zusammengelegt, um einen Picasso zu kaufen. Er hängt jetzt im Zentrum Paul Klee.

Man sieht es sofort. Dieses Bild gehört weder zu einer Wechselausstellung noch zur Sammlung des «Zentrum Paul Klee». Picassos Gemälde «Buste de mousquetaire» hängt in einer Nische im Untergeschoss, ausserhalb der Ausstellungsräume.

«Das war der Wunsch der Leihgeber», sagt Thomas Soraperra, kaufmännischer Direktor am Zentrum Paul Klee und Kunstmuseum Bern. Die Leihgeber wollten, dass das Werk für alle Besucher gratis zugänglich sei.

«Deshalb hängt das Bild nicht in unseren klassischen Ausstellungsräumen. Es ist aber ein Platz, der allen Sicherheitsbedürfnissen entspricht», erklärt Soraperra.

Ein ungewöhnliches Werk

«Buste de mousquetaire» im Zentrum Paul Klee ist ein ungewöhnliches Werk. Allerdings nicht im kunsthistorischen Sinn: Picasso interessierte sich in den 1960er-Jahren sehr für die Figur des Musketiers.

Das Besondere an diesem Bild sind seine 25’000 Besitzer. Sie sind alle Mitglieder und Kunden der Onlineshopping-Plattform QoQa. Gegründet wurde QoQa 2005 in Lausanne, seit 10 Jahren gibt es sie auch in der Deutschschweiz. 600'000 Mitglieder hat sie heute.

Normalerweise verkauft die Plattform IT-Produkte oder Weine. 2017 bot sich für die Onlinekunden die Gelegenheit, ein Kunstwerk zu kaufen: einen Picasso.

Demokratisierung der Kunst?

«Der Grundgedanke war, die Kunst zu demokratisieren», so Nina Bühlmann, die in Geschäftsleitung von QoQa sitzt. «Dass wir etwas zugänglich machen, was man sonst eigentlich so nicht kaufen kann.»

Bühlmann möchte über die genauen Umstände des Kaufs nichts sagen. Bekannt ist, dass das Bild für zwei Millionen Franken gekauft wurde. Die QoQa-Mitglieder konnten Anteile à 50 Franken erwerben.

Die 25'000 Besitzer können den Picasso zwar nicht zu Hause an die Wand hängen. Aber sie finden ihren Namen auf einer digitalen Spenderliste neben dem Bild im Zentrum Paul Klee.

Ich glaube nicht, dass dieses Projekt die Demokratisierung von Kunst bedeutet.
Autor: Thomas Soraperra

Wenn sie ihre Picasso-Besitzer-Karte durch einen Scanner ziehen, taucht über dem Bild ein Schriftzug auf, der sie mit Namen begrüsst. Ein beliebtes Sujet für Selfies.

Überhaupt bringt der Picasso Leben ins Zentrum Paul Klee: Es strömen zahlreiche Besucherinnen und Besucher herbei, die noch nie da waren.

Neues Publikum fürs Museum

«Viele kommen aus der französischen Schweiz. Das ist sehr interessant für uns», sagt Thomas Soraperra vom Zentrum Paul Klee. «Das war ein Grund, warum wir das Projekt hier zeigen wollten. Wir wollten die Community kennenlernen.»

Ihn interessiert an dem Projekt vor allem der Austausch. Wie geht eine Online-Community mit ihren Mitgliedern um? Was kann ein Museum davon lernen – mehr Demokratie vielleicht?

Da hat Soraperra seine Zweifel. «Ich glaube nicht, dass dieses Projekt die Demokratisierung von Kunst bedeutet. Es bedeutet einen Gemeinbesitz von Kunst, so etwas wie eine digitale Allmend. Jetzt besitzen über 25’000 Menschen ein Kunstwerk, das ist toll. Das ist aber nicht Demokratie für mich.»

Für Thomas Soraperra sind Museen bereits Orte der Demokratie. Oder wie er sagt: analoge Plattformen, die die Kunst für die Allgemeinheit zugänglich machen.

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