Die beiden Ausnahmekünstler stammen aus völlig unterschiedlichen Kulturen: Diego Rodriquez de Silva y Velázquez wurde 1599 in Sevilla geboren, in einem erzkatholischen Spanien mit einem sehr mächtigen König.
Rembrandt van Rijn erblickte sieben Jahre später das Licht der Welt in Leiden, einem Städtchen unweit von Amsterdam in der bürgerlichen Republik der Niederlande, wo Protestanten den religiösen Ton angaben.
Prado 200 Jahre alt – Rembrandt 350 Jahre tot
Dass die beiden nun brüderlich nebeneinander im Amsterdamer Rijksmuseum hängen, hat seinen Grund: Das Prado Museum in Madrid feiert sein 200-jähriges Bestehen. Gleichzeitig wird in den Niederlanden Rembrandt van Rijn gedacht, der vor genau 350 Jahren gestorben ist.
Und weil dem Amsterdamer Rijksmuseum weltweit am meisten Rembrandts gehören und der Prado die grösste Sammlung Velázquez besitzt, war die Idee einer gemeinsamen Ausstellung schnell einmal geboren.
«Sie sind beide ungeheuer gut»
Persönlich gekannt haben sich die beiden Künstler nicht. Aber es ist möglich, dass Velázquez eine Radierung von Rembrandt zu Gesicht bekommen hat. Diese seien europaweit verbreitet gewesen, erklärt Gregor Weber.
Für den Kurator und Leiter der Abteilung Bildende Kunst im Amsterdamer Rijksmuseum, ist das aber nebensächlich – er findet vielmehr die Arbeiten der beiden Maler gleichwertig: «Man kann sie nicht auf einer Werteskala nebeneinander legen. Sie sind einfach beide ungeheuer gut.»
Ein auf Kunst versessener König
Obwohl sich beide Länder im (80-Jährigen) Krieg befanden, sei damals ein «goldenes Zeitalter für die Malerei» entstanden, erzählt Kurator Weber. In Amsterdam kauften reiche Handelsherren Rembrandts Bilder, und in Spanien gab es den «auf Velázquez versessene König Philipp IV.», der so ziemlich alles sammelte, was dieser malte.
Niederländische und spanische Meister
60 Werke umfasst die Ausstellung «Rembrandt – Velázquez». Aufgehängt wurden sie paarweise. Aber nicht nur Rembrandt neben Velázquez, vielmehr sind auch Gemälde der Niederländer Johannes Vermeer, Frans Hals oder Jan Lievens sowie aus Spanien Bartolomé Esteban Murillo oder Francisco Ribalta zu bewundern. Die Ausstellung trägt den auch den Untertitel «niederländische und spanische Meister.»
Es ist erstaunlich, wie gut viele Werke zusammenpassen. Etwa wenn auf der einen Seite Rembrandts Selbstbildnis als Apostel Paulus hängt, der mit hochgezogenen Augenbrauen den Betrachtenden zu fragen scheint: Was bin ich? Und daneben Velázquez Hofnarr zu sehen ist. Aber nicht etwa als dümmlich-lustige Figur, sondern als seriöser Bücherleser, der sich Gedanken macht zu seiner Rolle in seinem Leben.
«Beide Künstler sind grossartige Porträtisten, die den Menschen sehr durchgründen», erläutert der Kurator die frappante Seelenverwandtschaft der beiden Gemälde.
Kampf mit der Farbe
Einzig stilistisch gibt es sichtbare Unterschiede. Rembrandt trägt die Farbe dick auf um Strukturen zu schaffen. Velázquez jedoch malt mit einem viel flüssigeren Pinsel. Während dem Spanier die Arbeit offenbar leicht von der Hand geht, scheint der Niederländer mit der Farbe richtiggehend zu kämpfen.
Auf die Frage, ob nun Rembrandt oder doch Velázquez der bessere Meister gewesen sei, gibt sich Kurator Gregor Weber diplomatisch. Wenn er gefragt werde, ob er für Ajax Amsterdam oder Real Madrid sei, sage er immer: «Wenn die schön zusammenspielen, bin ich zufrieden.»