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30 Jahre Literaturclub Schöne Erinnerungen und peinliche Momente im Literaturclub

Eine Insiderin erzählt, wie sich Marcel Reich-Ranicki in die Sendung chauffieren liess und warum sie sich mit einem Stararchitekten anlegte.

Seit 30 Jahren gibt es den «Literaturclub» und sie war von Anfang an dabei: Géraldine Schmidt Johnson. Als Redaktorin der Sendung unter der Leitung von Ueli Heiniger betreute sie bis 2002 alle Moderatorinnen und Moderatoren sowie die Kritikerrunde und war lustvoll beteiligt an der Buchauswahl.

Sie blickt zurück auf die Produktion einer der ältesten Literatursendungen im deutschsprachigen Raum.

Der oder die beste KritikerIn des Literaturclubs:

«Welche Frage! Die jeweilige Kritikerrunde des Literaturclubs war von Beginn an grossartig. So absolut unterschiedlich die Menschen, deren Approach auch, derart grossartig war und ist die Leistung. Literaturkritik in Diskussion und live ist die Königsdisziplin.»

Die grösste Pleite:

«Die gab es nach der zweiten Sendung mit einem spannenden Schriftsteller, der aber als Moderator eher glücklos war.

Der Facts-Medienkritiker schrieb damals: ‹Wer sich mit dem Moderator solidarisch fühle, solle doch während der Ausstrahlung eine Kerze ins Fenster stellen.›»

Der peinlichste Moment:

«Als Marcel Reich-Ranicki endlich einwilligte, in die Sendung zu kommen und huldvoll sagte: ‹Also, schicken Sie den Fahrer um 16 Uhr zum Hotel nach Bad Ragaz.› Tja … Welchen Fahrer? Von welcher Limousine?

Hier spricht das kleine Schweizer Fernsehen. Aber wir schafften es, ihn standesgemäss abholen zu lassen. Mit etwas Hilfe unserer Freunde in einem grossen Medienhaus …»

Die schönste Erinnerung:

«An der 50. Frankfurter Buchmesse war 1998 die Schweiz Gastland unter dem Titel ‹Hohe Berge, enges Tal›. Der Literaturclub fand in der Buchmesse statt. Im vorgesehenen Ad hoc-Studio fiel mir die quasi Barbeleuchtung auf. Ausserhalb der Sendung würden hier ja Podien, Diskussionen stattfinden und, nervös wie ich war, rief ich: ‹Da findet niemand mehr raus, wenn man einmal drin ist!›

‹Der Architekt muss her›, rief ich, und schon stand ein sympathischer junger Mann da. Er werde selbstverständlich tun, was notwendig sei, sagte der nette junge Mann. Er gab mir seine Visitenkarte. Es war Roger Diener, einer der renommiertesten Schweizer Architekten. Meinen Versuch, Nachhilfe zur Beleuchtung zu geben, quittierte er souverän lachend.

Und dann der Abend in Leipzig mit Sigrid Löffler und Tini Haffmans in der Hotelhalle bei einem (zwei oder so) Glas Wein - ein exklusiver Luxus. Gut für die Seele und den Geist. Unvergesslich.

Und das schönste Erlebnis: Bei Dany Cohn-Bendit und Ingrid auf der Gästecouch übernachten.»

Die Meinung zum Literaturclub heute:

«Das Format ist perfekt. Von jedem Standpunkt aus. Keine Lobhudelei, einfach eine klare, kompetente Beurteilung.»

Sendung: SRF 1, Literaturclub, 6.10.2020, 22.25 Uhr ; 

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