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80 Jahre Isabel Allende Sie träumte von Antonio Banderas und will das Patriarchat stürzen

Isabel Allende ist die erfolgreichste Schriftstellerin Lateinamerikas. Die leidenschaftliche Feministin begeistert ein Millionenpublikum durch starke Frauenfiguren.

Isabel Allende lacht über meine Frage. Es ist ein sympathisches, ansteckendes Lachen. Ob es stimme, dass sie von einer Nacht mit dem spanischen Schauspieler Antonio Banderas geträumt habe. «Ja, viele Jahre lang, aber da war ich noch etwas jünger», antwortet die chilenische Autorin 2021 in ihrem Haus in Kalifornien. «Jetzt denke ich, Banderas könnte mein Enkelkind sein. Er ist also nicht mehr Teil meiner Fantasien.»

Man kann mit Isabel Allende über alles reden, über Lust im Alter oder auch ihre schwierige Kindheit. In den 1940ern wurde ihre Mutter vom Ehemann verlassen und musste mit drei kleinen Kindern ins Elternhaus zurückkehren. «Es war ein düsteres, hässliches Haus mit seltsamen Menschen darin», erinnert sich Allende. «Eine Kindheit wie von Ingmar Bergman. Perfekt, um Schriftstellerin zu werden.»

Feministische Zeitschrift mit Tabuthemen 

Als Jugendliche rebellierte Allende gegen ihren Grossvater, einen Macho, der Frauen als minderwertig ansah und von dem sie sich später zur Figur des Esteban Trueba in ihrem Roman «Das Geisterhaus» inspirieren liess. Schon damals wollte Allende das Patriarchat stürzen.


1967 gründete sie mit anderen Frauen eine feministische Zeitschrift und schrieb über Tabuthemen im damaligen Chile wie Abtreibung und Gewalt gegen Frauen. Es war Allendes Befreiung als Frau.

Allerdings dichtete sie bei Interviews einiges dazu. «Deshalb wurde ich von der Zeitschrift nur noch beauftragt, solche Reportagen zu schreiben, in denen ich humorvoll sein und etwas übertreiben durfte», erinnert sie sich. «Seriöse Interviews hat mich die Redaktion nicht mehr machen lassen. Denn das endete immer damit, dass ich schrieb, was der Interviewpartner gar nicht gesagt hatte.»

Meisterin generationsübergreifender Geschichten


Als 1973 das Militär in Chile putschte und der demokratisch gewählte Präsident Salvador Allende, ein Cousin von Isabel Allendes Vater, getötet wurde, ging die Journalistin ins Exil nach Venezuela und schrieb ihren Debütroman «Das Geisterhaus». Das Buch verkaufte sich sage und schreibe mehr als 50 Millionen Mal.

Allendes Stil ist schlicht, ihre Fantasie gross. Hier und da wirken ihre Metaphern zwar etwas kitschig. Aber die Autorin ist nach wie vor eine Meisterin darin, generationsübergreifende Geschichten mit starken Frauenfiguren zu entwerfen.

Mit dem Flugzeug in den selbstbestimmten Tod


Sie hat mit dem Buch «Paula» auf herzzerreissende Weise den Tod ihrer Tochter verarbeitet und mit «Mein erfundenes Land» eine berührende Hommage auf ihre Heimat Chile verfasst, die die Diktatur ihr lange entrissen hatte.

Allende schreibt empathisch und mit Humor. Der zeigt sich sogar, als sie erzählt, wie sie mit einem befreundeten Piloten beschloss, sich eines Tages, bevor sie dement würden, das Leben zu nehmen: «Unser Plan war es, mit seinem Flugzeug über dem Pazifik zu fliegen, bis uns der Treibstoff ausgeht und eine Rückkehr unmöglich ist. Das wäre ein romantisches Ende geworden», erzählt sie. Aber aus dem Plan werde nichts: «Als mein Freund über 80 war, haben sie ihm die Fluglizenz entzogen. Da musste er sein Flugzeug verkaufen.»

Da lacht Isabel Allende wieder ihr unvergleichliches Lachen. Und man spürt, dass sie noch ganz viel Lust aufs Leben hat. Sowie aufs Lieben. Mit 77 hat sie ein drittes Mal geheiratet, einen Anwalt und begeisterten Leser ihrer Bücher.

Radio SRF 2 Kultur, Kultur-Aktualität, 2.8.22, 7:52 Uhr

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