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Abgründiger Roman Krieg um des Kriegs Willen

«Man braucht brennende Babys»: Im Roman «Rote Vögel» kritisiert Mohammed Hanif die zynische «Mitleid-Maschinerie» des Westens.

In seinen bisherigen Roman-Satiren hat Mohammed Hanif sich mit Pakistan auseinandergesetzt. Nun nimmt er mit «Rote Vögel» den Westen ins Visier.

Major, Momo und Mutt, der Hund

Wir hören die Stimmen von drei Ich-Erzählern: Der amerikanische Major Ellie ist in der Wüste abgestürzt. Nahe dem Flüchtlingscamp, das er hätte bombardieren sollen, man vermutete hier Terroristen.

Der Autor

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Legende: Getty Images / David Levenson

Der britisch-pakistanische Journalist und Romanautor Mohammed Hanif ist ein Meister der abgründigen Polit-Komödie.

Bevor er Journalist wurde, war Hanif Kampfpilot der pakistanischen Armee. In den 1990er-Jahren zog er nach London. Seit 2008 lebt er als Korrespondent der BBC in Karatschi, der grössten Stadt Pakistans.

2009 erschien «Eine Kiste explodierender Mangos». In dem vielstimmigen Verschwörungsthriller ging es um den mysteriösen Flugzeugabsturz, der 1988 den pakistanischen Präsidenten Zia-ul-Haq tötete.

In «Alice Bhattis Himmelfahrt» (2012) wiederum verkörpert eine wehrhafte Krankenschwester Hanifs Kritik am Kastensystem und der Frauenfeindlichkeit der pakistanischen Gesellschaft.

Der 15-jährige Momo wiederum lebt in diesem Camp. Mit Politik oder Terrorismus hat er nichts im Sinn, er möchte Geschäftsmann werden, jenseits aller Moral.

Sein Hund Mutt, der seit einem Stromschlag zum Philosophen geworden ist, beobachtet alles mit seinem fremden Blick. Er sagt Dinge wie: «Wenn Menschen das Böse bekämpfen wollen, werden sie selbst böse.»

Aus diesen drei Stimmen komponiert Mohammed Hanif ein Kammerspiel des Kriegs und seiner Folgen, ausgetragen auf der Bühne der Betroffenen.

Eine Maschinerie des Mitleids

Früher habe man Kunst um der Kunst willen gemacht, heute werde «Krieg um des Krieges willen» geführt, sagt Major Ellies. Und diese Art von Krieg bedeute: «Bombenteppiche, gefolgt von Trockennahrung und Bastelkursen für die Flüchtlinge.»

Auf die Angriffe folgt die Hilfsorganisation USAID. Deshalb braucht es den Krieg, meint der Major: «Damit man Decken über brennende Babys werfen kann, braucht man brennende Babys.» Würde er seinen Job an den Nagel hängen, bräche «die weltweite Mitleid-Maschinerie zusammen».

Jeder weiss, was gespielt wird

Momo, der Empfänger dieses verlogenen Mitleids, spricht von «wohlriechenden Weltverbesserern». Zu ihnen gehört etwa Miss Flowerbody. Für eine Studie über traumatisierte Muslime befragt sie ihn zu seinen Gefühlen.

«Ich habe Posttraumatische Belastungsstörung, sie bekommt Tagesgeld in US-Dollar», kommentiert Momo trocken. In diesem Roman weiss jeder, was gespielt wird.

Mit Ausnahme von Major Ellie, der in seiner Ausbildung zwar diverse Kurse zur «interkulturellen Sensibilität» absolviert hat, jedoch nicht versteht, seit wann es ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit sein soll, «einen Job zu erledigen».

Sarkastisch und todernst

Mohammed Hanif hat aus den Absurditäten und Zynismen der westlichen Kriegsherren einen zutiefst sarkastischen Thesenroman gebaut. Dieser kommt zuerst realistisch daher – dass einiges daran fantastisch ist, merkt man erst nach und nach.

Viele der Figuren wissen nicht, dass sie bereits tot sind. Die roten Vögel, die dem Roman seinen Titel geben, schwingen sich aus den letzten Blutstropfen der Sterbenden auf und kehren als Todeszeugen zurück: Sie erinnern daran, dass Krieg kein Spiel ist.

Aus den Fugen geratene Welt

Der Roman endet mit einem bizarren, vielstimmigen Totentanz in einem leerstehenden Hangar der US-Armee. Manchmal hat man den Eindruck, die Konstruktion entgleite dem Autor. Manches wirkt zu gewollt. Immer wieder fallen Figuren aus ihrer Rolle und sagen Sätze, die man auch in einem Zeitungskommentar hätte lesen können.

Trotzdem lohnt sich die Lektüre: Mohammed Hanif zwingt uns zu einem Perspektivwechsel. Und zum Nachdenken über eine Weltordnung, die auf eine schwer fassbare Weise aus den Fugen ist.

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