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Auf Deutsch erschienen «Snooker in Kairo» – der meisterhafte Roman von Waguih Ghali

Der Ägypter Waguih Ghali veröffentlichte 1964 einen einzigen Roman. Er liest sich so frisch, als wäre er von heute. «Snooker in Kairo» liegt jetzt endlich auf Deutsch vor.

In seinem einzigen Buch erzählt der Ägypter Waguih Ghali mit unübertrefflichem Galgenhumor von enttäuschten Hoffnungen und gescheiterten Träumen nach dem Militärputsch von Gamal Abdel Nasser im Jahr 1952.

Ghali selbst war Kopte und stammte aus einer der reichsten Familien Ägyptens. Am 26. Dezember 1968 nahm er sich in der Londoner Wohnung seiner Verlegerin, Freundin und früheren Geliebten Diana Athill das Leben.

Er wurde vierzig Jahre alt und hinterliess einen Roman und seine Tagebücher aus den 1960er-Jahren.

Von Depressionen geplagt

Sie zeugen von einem Mann, der mit Depressionen kämpfte, zu viel trank, leidenschaftlich gerne spielte, immer in Geldnöten war und schnorren musste.

Sie zeugen von einem Vielleser. Von einem unbekümmert kompromisslosen Freigeist. Von einem Kommunisten und politischen Dissidenten, der die ägyptische Staatsbürgerschaft verlor, weil er für eine Reportage nach Israel gereist war.

Jung und mausarm

Sie zeugen von einem blitzgescheiten jungen Mann mit losem Mundwerk, der der Minderheit der Kopten angehörte, aus einer der reichsten Familien Ägyptens stammte, selber aber mausarm war.

Der, wie damals in der ägyptischen Oberschicht üblich, französisch und englisch, aber kaum arabisch sprach. Der in Paris, London und Schweden lebte und sich in Deutschland die letzten Jahre vor seinem Tod mit Gelegenheitsarbeit durchs Leben schlug.

Die innere Zerrissenheit

Sie zeugen von einem glühenden Patrioten, der das koloniale Erbe der Engländer und das Gebaren seiner reichen Verwandten hasste. Und sich gleichzeitig dafür schämte, auf ihr Geld angewiesen zu sein und von ihrer Protektion zu profitieren.

Der über die naiven Weltverbesserungsideen seiner Freundinnen und Freunde trotzdem nur spotten konnte: «Was soll ich in einem Fellachen-Dorf Sozialarbeit leisten, wenn Nasser in Farouks Yacht herumsegelt, deren Unterhalt allein schon eine Million verschlingt?»

Zwei Männer schütteln sich die HAnd, lachen.
Legende: 1956 wurde Gamal Abdel Nasser (rechts, mit Muammar al-Gaddafi) zum Präsidenten Ägyptens gewählt. Er behielt das Amt bis zu seinem Tod. Keystone

Waguih Ghali war das Gebaren der Militärs nach der Revolution von 1952 zuwider.

Unverfroren und oft zynisch wies er darauf hin, dass unter Nasser alles beim Alten blieb in Ägypten: der himmelschreiende Zynismus der Reichen, die Vetternwirtschaft, die Ausbeutung der Landbevölkerung, die Perspektivlosigkeit in den Städten.

Zwischen Weltschmerz und Schabernack

Über all das schrieb er in «Beer at the Snooker Club», wie der Originaltitel des Romans lautet.

Ghali erfand ein zauberhaftes Alter Ego für sich: Ram – «ein Possenreisser», um die 20, hin- und hergerissen zwischen Weltschmerz und Schabernack.

Zusammen mit seinem besten Freund und einer Reihe attraktiver Freundinnen driftet er durch die Tage und Nächte Kairos und unternimmt auch mal einen Abstecher nach London.

Buchhinweis

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Waguih Ghali: «Snooker in Kairo». Aus dem Englischen von Maria Hummitzsch. C.H. Beck 2018

Dabei gilt es, jede Menge Ärger in der Familie zu klären, Liebesdinge auseinanderzuklamüsern, Geld aufzutreiben und im grossen Stil zu trinken und zu spielen.

Es gilt aber auch, sich zu den politischen Umwälzungen zu verhalten und vor allem eine, oft quälende Frage zu beantworten: Wie soll man leben?

Selbstzerfleischung und Überschwang

«Snooker in Kairo» ist ein trauriges Buch. Gegen aussen ist Ram cool. Aber seine Selbstbetrachtungen werden zu Selbstzerfleischungen.

Und das Politische überwuchert das Private so sehr, dass Ram am Schluss nicht einmal mehr daran glaubt, dass er und die von ihm vergötterte Edna «in einer gerechteren Welt unsere Liebe hätten leben können».

«Beer at the Snooker Club» ist aber auch ein fröhliches Buch mit einem unglaublich frechen Humor. Es feiert die Komik, es feiert die Freundschaft, es feiert den Überschwang der Jugend.

Und die Fragen, die es stellt – nach persönlichem Glück, politischer Verantwortung, nach Liebe und dem Sinn des Lebens – sind zeitlos.

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