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Autorin Tsitsi Dangarembga Zurück nach Simbabwe, wo das Gefängnis droht

Friedenspreisträgerin Tsitsi Dangarembga ist nach einer Lesetour in Europa in ihre Heimat Simbabwe zurückgekehrt – obwohl sie dort von der Justiz bedroht wird. Sie werde nicht aufs Maul sitzen, sagt die Autorin vor ihrem Rückflug.

Mittwochnachmittag im Restaurant eines Zürcher Hotels. Tsitsi Dangarembga wirkt ruhig und entspannt. Zumindest vordergründig. Es ist kurz vor ihrem Rückflug nach Harare, der Hauptstadt von Simbabwe.

Die 63-Jährige Autorin, die 2021 mit dem Friedenspreis des deutschen Buchhandels ausgezeichnet worden ist, gehört zu den bekanntesten literarischen Stimmen aus Afrika. In den vergangenen Wochen war sie in Europa auf Lesetour. Zuletzt am Literaturfestival Zürich.

In ihrem Schaffen setzt sich Tsitsi Dangarembga seit Jahrzehnten für feministische Anliegen ein. Und engagiert sich gegen Repression und Korruption.

Die Justiz im Nacken

In Simbabwe läuft gegen die Autorin und Filmemacherin ein Justizverfahren. In den vergangenen zwei Jahren musste sie insgesamt 27 Mal vor Gericht erscheinen. Seit Kurzem besteht gar ein Haftbefehl. Es droht Gefängnis.

Der Vorwurf: Tsitsi Dangarembga habe aufgrund ihrer Teilnahme an einer regierungskritischen Demonstration im Jahr 2020 öffentlich zu Gewalt aufgerufen und sich des Friedensbruchs und der Bigotterie schuldig gemacht.

Trotz der Gefahr, die ihr droht, habe sie nicht versucht, in Europa zu bleiben, sagt die Autorin: «Ich bin simbabwische Staatsbürgerin. Ich habe mein Zuhause und meine Arbeit dort. Ich werde diese Turbulenzen durchstehen.»

Das Damoklesschwert

Das langwierige Verfahren sei jedoch zeitraubend. Es halte sie von ihrer Arbeit ab. Und es sei «psychisch belastend», weil sie nicht wisse, was da eigentlich gespielt werde.

Zu Beginn, erzählt Tsitsi Dangarembga, habe sie den Justizprozess kaum ernst genommen: Sie habe ja bei der Demonstration lediglich von ihren verbrieften Grundrechten Gebrauch gemacht. «Als sich das Verfahren in die Länge zog und zudem mehrfach die zuständigen Richter wechselten, begann ich mir Sorgen zu machen.»

Rechtsunsicherheit nach wie vor

Unlängst haben deutsche Organisationen wie die liberale Friedrich-Naumann-Stiftung oder die Autorinnenvereinigung PEN Berlin das Verfahren gegen Tsitsi Dangarembga scharf verurteilt. Das Vorgehen der simbabwischen Justiz sei «enttäuschend», beziehungsweise diene einzig der «Repression und Verunsicherung».

Im Februar kritisierte der Europäische Rat, in Simbabwe habe sich auch nach der Entmachtung des 2019 verstorbenen Langzeitpräsidenten Robert Mugabe die Lage der Menschenrechte nicht verbessert. Regierungskritische Stimmen würden weiterhin eingeschüchtert.

In den vergangenen Jahren, sagt Tsitsi Dangarembga lakonisch, habe sie gelernt, dass Gerechtigkeit offenbar eine Frage des Standpunkts sei: «Was ich als gerecht empfinde, muss nicht mit dem übereinstimmen, was der Staat für Gerechtigkeit hält.»

Wie es im Fall Tsitsi Dangarembga weitergeht, ist unklar. Aus Harare heisst es, der nächste Gerichtstermin sei am 4. August. Dass man sie vorher aufgrund des Haftbefehls einsperre, will Tsitsi Dangarembga nicht glauben: «Ich habe keine Angst.»

Hinschauen und benennen

Sie lasse sich auf keinen Fall das Wort verbieten. Und werde sich auf den sozialen Medien und in ihrem Schaffen als Künstlerin weiterhin politisch und sozial engagieren. So, wie sie dies etwa eindringlich in ihren autobiografisch inspirierten und viel beachteten Romanen über das schreckliche Los einer jungen Frau namens Tambudzai tat, die in einem frauenverachtenden Umfeld leben muss.

«Es ist fundamental wichtig, sich – mit friedlichen Mitteln – zu engagieren, damit sich das Los der Menschen in Simbabwe verbessert», erklärt Tsitsi Dangarembga. Sie werde damit weitermachen: «Als Schriftstellerin ist dies Teil meiner Aufgabe.»

Radio SRF 2 Kultur, Kultur Aktuell, 14.07.2022, 17:20

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