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Baselbieter Schriftsteller Er suchte und sammelte die treffenden Worte

Der Baselbieter Autor und Flurnamenforscher Markus Ramseier ist tot. Er starb am Sonntag im Alter von 63 Jahren. Leicht zu lesen war er nicht. Aber umso mehr gab es bei ihm zu entdecken.

Markus Ramseier war ein Energiebündel, das sich bedingungslos der Öffentlichkeit verschrieben hat.

Energie, die brauchte der Baselbieter für seine vielen Tätigkeiten. Ramseier war nicht nur Schriftsteller. Er arbeitete als Lehrer, Journalist, Lektor, war zwischenzeitlich Leiter des Dichter- und Stadtmuseums Liestal.

Witz und Tragik der Flurnamen

Sein Brotberuf aber war der des Sprach- und Flurnamenforschers. Er leitete die Forschungsstelle «Baselbieter Orts- und Flurnamenbuch»: Ein Mammutwerk, das er und sein Team 2017 abschliessen konnten. Es enthält rund 53'000 lebende und abgegangene Flurnamen aus dem Baselbiet.

Markus Ramseier war ein Workaholic, der tagsüber unermüdlich im Stollen der Flurnamenforschung Abertausende von Wörtern und alten Quellenbelegen umgeschichtet hat.

Die Flurnamen waren seine Hassliebe. Sie lasteten wie ein Betonklotz auf ihm. Gleichzeitig konnte er mit grossartigem Humor und sprudelnder Erzähllust über den Witz und die Tragik erzählen, die manchmal in ihnen verborgen liegt.

Die Nacht gehört dem Schreiben

Nachts – Ramseier litt an Schlaflosigkeit – schrieb er genauso unermüdlich an seinem literarischen Werk weiter.

Als Schriftsteller veröffentlichte Ramseier Romane, Erzählbände und Kinderbücher. Auch seine Literatur spickte er gerne mit Mundartwörtern und Flurnamen.

So ist der Held seines ersten Romans «Mäandertal» von 1994 ein Flurnamenforscher. In seinem letzten Roman «In einer unmöblierten Nacht» (2018) lernt eine eingeheiratete Russin Schweizerdeutsch – Wörter wie «süferli» und «Hundsverlochete».

Mäandrierend und verdichtet

Ramseiers grösster Erfolg war der Roman «Vogelheu» (2013): Eine junge Frau erzählt über ihre Eltern, die im familieneigenen Rebberg ein Wellnesshotel errichten wollen, und ihren Grossvater, den Weinbauern, der so ganz anders ist: erdverbundener, einfacher.

2014 wurde Ramseier für «Vogelheu» mit dem Basellandschaftlichen Kulturpreis ausgezeichnet.

Aber: Massentauglich war Ramseier nie. Manchmal schrieb er mäandrierend, manchmal sprunghaft, hoch verdichtet.

Ringen um Sprache

Er war ein Getriebener, der nie genug hatte. Daran hat er auch gelitten, der Zweifler und Grübler, der sich an der Welt und an seinem Leben richtiggehend aufrieb. Sein Schreibstil war in gewisser Weise eine Spiegelung seines Suchens.

Sich auf Markus Ramseiers Texte einzulassen, ist daher kein Leichtes: Er war ein eigenwilliger, sperriger Autor.

Die Liebe zur Sprache war bei ihm zugleich ein Ringen mit der Sprache. Genau wie seine Liebe zur Schweiz und ihrem bodenständigen Volk auch ein Ringen mit der scheinheiligen, hochstaplerischen Schweiz war.

Sich furchtlos mit den Mächtigen anlegen: Das tat Ramseier auch als bekannter und scharfzüngiger Schnitzelbänkler an der Basler Fasnacht.

Zum Autor

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Markus Gasser ist SRF-Literaturredaktor und Mundart-Experte. Mit dem verstorbenen Schriftsteller Markus Ramseier verband ihn eine langjährige Freundschaft.

Auf der Suche nach dem grossen Glück

Anfang Jahr sagte Ramseier, er habe in seinem Berufsleben das grosse Glück gesucht, aber nicht gefunden. Das grosse Glück, das wäre das freie Schriftstellerleben gewesen, das er sich nicht leisten konnte.

Ramseier war ein herzensguter Mensch, hilfsbereit und engagiert. Gestern Sonntag erlag er einem Krebsleiden. Er starb im Alter von 63 Jahren, wie seine Familie bekannt gab.

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