Sophie Passmann hat mit ihren erst 27 Jahren schon eine steile Karriere hingelegt: Sie ist Moderatorin, Komikerin und Autorin – und eine Internet-Ikone. Fast täglich postet sie auf Twitter und Instagram , wo ihr 229’000 Menschen folgen.
Aufgewachsen ist Passmann in der deutschen Mittelschicht. Auf die zielt auch ihr neues Buch «Komplett Gänsehaut». Der Roman handelt von einem akademischen, grossstädtischen, im Biosupermarkt einkaufenden Milieu, zu dem sie sich selbst auch zählt.
Eine feministische Stimme
Furore machte Sophie Passmann mit ihrem Bestseller «Alte weisse Männer» von 2019. Darin fühlte sie mächtigen Männern in Gesprächen über Feminismus und Sexismus auf den Zahn.
Ein Millionenpublikum erreichte sie auf ProSieben mit ihrer Moderation von «Männerwelten», einer fiktiven Ausstellung über sexuelle Belästigung gegenüber Frauen. Diese Sendung wurde gerade für den renommierten Grimme-Preis nominiert.
Gegen das Spiessertum ihrer Generation
«Dann kam der Zeitpunkt,» sagt Passmann im Interview, «wo ich etwas machen wollte, das wirklich in mir selbst stattfindet.» Das gehe ja vielen mit Ende Zwanzig so: «Da denkt man immer, das eigene Leben sei so wahnsinnig einzigartig und besonders. Meinen Liebeskummer, den hat in dieser Form noch gar nie jemand erlebt, den muss ich aufschreiben.»
Atemlos wütet Passmann in ihrem Buch «Komplett Gänsehaut» gegen das Spiessertum ihrer Generation. Dabei reiht sie bissig Sätze aneinander, ohne Pausen und fast ohne Punkte – und trifft das Lebensgefühl ihrer Generation: selbstironisch, präzise und witzig.
Lieber gar keinen Spass als den falschen
«Komplett Gänsehaut» überrascht mit entlarvenden Bildern: Die Erzählerin und ihre Freunde wohnen in «pseudoasiatischer Futon-Kargheit», essen in Restaurants Pizza belegt mit «steirischem Bergkäse und karamellisierten Walnüssen» und «rösten aggressiv Auberginen, als hinge ihr Leben davon ab».
Die Millennials haben «aus Angst, mit den falschen Sachen Spass zu haben, sicherheitshalber gar keinen Spass». Die Erzählerin im Buch verbringt die meiste Zeit ihres Lebens damit, nicht zu wissen, was sie auf Netflix gucken soll. Und ihr ist klar: man muss «fuckable für die Welt sein». Doch im Grunde geht es «immer um das, was fehlt».
Generation Anti
Dieser Hass der Erzählerin auf das Milieu und auf sich selbst sei am Ende jämmerlich und absurd. Dies betont die Autorin im Interview:
«Mir ging es auch darum, diese Haltung, die oft sehr belohnt wird – nämlich erstmal alles doof zu finden, gegen alles zu sein und die neue Platte, die alle hören, absichtlich scheisse zu finden – am Ende zu demaskieren.»
«Liebeskummer ist wie ein Wochenende in Zürich»
Sophie Passmann teilt in ihrem autofiktionalen Roman gegen alle aus, am bösesten aber gegen sich selbst und ihresgleichen.
Auch die Schweiz bekommt ihr Fett weg: «Liebeskummer ist das emotionale Äquivalent zu einem verlängerten Wochenende in Zürich», heisst es im Buch: «Extrem teuer und am Ende den Aufwand nicht wert».
Die Lektüre von «Komplett Gänsehaut» hingegen ist lustig und den Leseaufwand allemal wert.