Der Alltag ist für die meisten nur Hintergrundgeräusch. Für Pedro Lenz wird er zum Soundtrack, zur Inspiration für Gedanken über das Zusammenleben der Menschen, über die Widersprüche in unserer Gesellschaft. Doch sind es überhaupt Widersprüche?
Das Nebeneinander von Dingen, die auf den ersten Blick nichts gemein haben – wie «Gwächshüser und Zuchthüser», «Züghüser und Warenhüser» oder «Reihehüser und Chrankehüser» –, dieses vermeintlich unpassende Nebeneinander ist die schweizerische Realität. Diese Realität, die wir im Alltag unwillkürlich in Gedanken aufräumen, bringt Pedro Lenz in seinen Bühnentexten zum Vorschein.
Der Sound des Alltags
«Hert am Sound» ist ein passender Titel für die Texte in Pedro Lenz' Büchlein. Der Sound, der Klang, gehört untrennbar zu seinen Geschichten, wie sich im Text «Radio» zeigt:
«Ou het nis das Radiolose,
het nis dä Maa am Mikrophon
luschtig, liecht und locker
dür dä Morge düre treit.
Ufstöuer vom Tag,
Ufstöuer vor Wuche,
Ufstöuer vom Johr,
uuu, uuu, uuu,
het eim das mögen ufstöue.»
Vorurteile? Ich weiss nicht
Es scheint, dass Lenz alles, was er sieht, hört und riecht, in sich aufsaugt, um es weiterzuspinnen, um es zu verdichten. Ein Zettel mit der Aufschrift «Hund wird vermisst!» neben dem vietnamesischen Restaurant – und schon sind wir mit unseren Vorurteilen gegenüber Menschen aus Asien konfrontiert, ob wir wollen oder nicht.
In einem anderen Text geht Lenz der Frage nach, warum wir eigentlich lieber auf Onlineformularen abstimmen als an der Urne – und dann doch wieder das Feld «weiss nicht/keine Meinung» anklicken.
Unscheinbares wird sichtbar
Die Texte in «Hert am Sound» sind nah an unserer Lebenswelt. Wir kennen die Gesprächsfetzen und die Szenerien, auf die sich Pedro Lenz bezieht, wir hören und sehen sie täglich. Aber er zeigt uns: Was sich dahinter verbirgt, bleibt einen Augenblick im Moment, während wir achtlos weitergehen. Unscheinbares kommt so zum Vorschein.
Pedro Lenz erzählt seine Geschichten mit einem Augenzwinkern und ohne Zeigefinger. Trotzdem lassen wir uns von ihnen ansprechen, finden uns darin wieder, fühlen uns ertappt. Aber wie schon gesagt: Wichtiger noch als die Aussage des Textes ist für Lenz der «Sound»:
«Vorem Verstang
isch gäng scho der Klang.»
Sendung: Radio SRF 2 Kultur, Kultur kompakt, 20.11.2017, 16.50 Uhr