- Die Schweizer Autorin Dorothee Elmiger wird mit dem diesjährigen Deutschen Buchpreis ausgezeichnet.
 - Sie erhält den renommierten Preis für ihren Roman «Die Holländerinnen».
 - Mit dem Deutschen Buchpreis zeichnet die Stiftung Buchkultur und Leseförderung des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels den deutschsprachigen Roman des Jahres aus.
 
«Dieser Roman ist ein Ereignis», heisst es in der Begründung der Jury. Elmigers Stil sei gleichzeitig distanziert und doch fesselnd und das Buch «ein faszinierender Trip ins Herz der Finsternis». Die 1985 geborene Schweizerin, die in New York lebt, galt bereits als eine Favoritin.
Eine reale Geschichte als Inspiration für das Buch
«Die Holländerinnen» handelt von einer kollektiven Grenzüberschreitung im Regenwald Südamerikas. Erzählt wird die unheimliche Geschichte weitgehend in der indirekten Rede. Eine Autorin berichtet in einer Poetikvorlesung von ihrer Reise in den Dschungel als Teil einer Theatergruppe. Diese ist auf den Spuren zweier holländischer Backpackerinnen, die vor Jahren dort tatsächlich verschwunden sind. Doch das Projekt läuft ziemlich aus dem Ruder: Die Gruppe wird vom Urwald nahezu verschluckt und erzählt sich verstörende Geschichten.
«Je tiefer sie sich im Dickicht und Morast verläuft, desto mehr reisst Elmiger die Leser*innen in einen Sog der Angst. Ihr Roman erzählt von Menschen, die in ihr «dunkelstes Gegenteil» verfallen», findet die Jury. «Indirekt ist dabei nicht nur Elmigers Sprache, sondern auch ihr Verweis auf unsere Gegenwart, die Schritt für Schritt in Selbstüberhebung versinkt.»
«Ich dachte, ich müsse mich vom Schreiben verabschieden»
Der Deutsche Buchpreis gilt als eine der wichtigsten Auszeichnungen der Branche und wird traditionell am Tag vor der Eröffnung der Frankfurter Buchmesse vergeben. Neben Elmiger waren noch fünf weitere Kandidatinnen und Kandidaten in der engeren Auswahl: Kaleb Erdmann («Die Ausweichschule»), Jehona Kicaj («ë»), Thomas Melle («Haus zur Sonne»), Fiona Sironic («Am Samstag gehen die Mädchen in den Wald und jagen Sachen in die Luft») sowie Christine Wunnicke («Wachs»).
In den vergangenen Wochen waren verschiedene Favoriten in den Medien gehandelt worden, darunter Elmiger. Die Schweizerin stand bereits mit ihrem letzten Buch «Aus der Zuckerfabrik» auf der Shortlist für den Schweizer und für den Deutschen Buchpreis. 2022 wurde sie in die Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung aufgenommen.
Ihr Buch «Die Holländerinnen» sei entstanden, weil sie über verschiedene Formen von Gewalt, Beherrschung oder Dominanz habe nachdenken wollen, sagte Elmiger im September in einem Interview der Schweizer «Wochenzeitung». «Ich hatte gemerkt, dass mein Text sehr düster ist, auch verzweifelt. Darin entspricht er mir eigentlich nicht. Ich habe trotz allem eine grosse Zuversicht.»
Sie habe beim Schreiben des Buches fast aufgegeben, sagte Elmiger über «Die Holländerinnen». Sie habe drei, vier Jahre lang immer wieder alles verworfen. «Es wurde immer schlimmer, bis ich dachte: Ich muss mich vom Schreiben verabschieden, diese Phase meines Lebens ist nun vorbei.» Dann sei es gewesen, als habe sich plötzlich eine Handbremse gelöst. Den Endspurt beschreibt sie als «beinahe fiebriges Schreiben».