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Frauen im Kommunismus Grossmutter und Grosstante, die Genossinnen

Die Historikerin Beatrice Schmid erzählt von zwei Frauen aus ihrer Familie, die für den Kommunismus kämpften – zwischen Basel und Moskau.

Alles beginnt an Weihnachten 2015. Beatrice Schmid findet auf dem Estrich ihres Elternhauses in Basel einen Koffer mit Dokumenten. Er enthält Briefe, Zeugnisse und Fotografien ihrer Grosstante Paula. Sie wanderte 1921 als glühende Kommunistin nach Moskau aus und geriet in die Fänge des Stalinismus.

Im Koffer finden sich auch Unterlagen von Schmids Grossmutter Marie. Sie blieb zwar in der Schweiz, engagierte sich aber hier leidenschaftlich für die Rechte der Frau.

Familie mit zwei Kindern sitzt auf Rasen
Legende: «Da habt Ihr nun einmal die ganze heilige Familie», steht hinten auf der Fotografie. Sigi Bamatter mit Sohn und Frau Maria, Solveigh mit Serjosha und Paula, 1958. Rotpunktverlag

Bewegte Vergangenheit

Beide Geschichten arbeitet Beatrice Schmid in ihrem Buch «Du weisst mich jetzt in Raum und Zeit zu finden» auf. Die Historikerin setzt sie in Bezug zur Klima- oder die Black-Lives-Matter-Bewegung – und zu sich selbst.

Denn Beatrice Schmid hat als Mitglied der Nichtregierungsorganisation Attac, die sich einst mit dem Nahrungsmittelkonzern Nestlé angelegt hat, auch eine bewegte Vergangenheit.

So werden die beiden Frauen hauptsächlich in ihrem Kampf dargestellt. Paula, geboren 1902 und aufgewachsen in einem sozialistischen Elternhaus, steht dabei für eine Generation junger Arbeiterinnen und Arbeiter.

Schwarzweissaufnehme einer Frau im weissen Kleid
Legende: Fotografie von Paula 1918. Auf der Rückseite geschrieben: zum Andenken der Jugend-Genossin. Rotpunktverlag

Eine Generation, schockiert vom Ersten Weltkrieg und enttäuscht vom Verrat der Sozialdemokratie, welche einen Kriegskredit nach dem anderen durch die europäischen Parlamente peitschte und sich nach dem Krieg dem Kommunismus und der Russischen Revolution zuwendet.

Zwischen Basel und Moskau

Marie wiederum, geboren 1906, Halbwaise und als Magd bei einer Familie sozialisiert, hat sich ganz dem Genossenschaftssozialismus verschrieben. Sie entwickelt sich zur selbständigen und unabhängigen Frau, die sich vor allem für Frauenthemen stark macht.

Zwei Frauen an der Seite eines grossen Brotregals
Legende: Marie, links, und eine Kollegin in der Bäckerei ACV, Oberwil (undatiert). Rotbuchverlag

So geht Paula nach Moskau, um sich für den Aufbau des Sozialismus zu engagieren, während Marie in Basel bleibt und im kommunistischen Zentralorgan «Vorwärts» Artikel für die Einführung des Frauenstimmrechts schreibt.

Doch die Zeiten ändern sich. Vor allem in Moskau. Dort entwickelt sich das kommunistische Experiment zur stalinistischen Diktatur. Die Bruderparteien werden gleichgeschaltet. Statt von «Weltrevolution» sprich man jetzt vom «Sozialismus in einem Lande».

Gemeint ist damit Russland, respektive die Moskauer Machtzentrale, die ihren Führungsanspruch mit allen Mitteln durchsetzt. Dann folgen die 1930er-Jahre und die sogenannten Säuberungen, die Paula ins Lager und in die Verbannung bringen.

Gegen Unterdrückung und Kapitalismus

18 Jahre verbringt Paula in Workuta. Erst nach Stalins Tod darf sie zurück und bleibt trotz allem treues Parteimitglied.

Ganz anders Marie: Sie ärgert sich dermassen über die verlogene Berichterstattung der PdA zu den verschwundenen und ermordeten Schweizerinnen und Schweizer in Russland, dass sie die Partei verlässt und sich aus dem Kampf verabschiedet.

Und jetzt also die Klimajugend. Beatrice Schmid setzt die Jugendbewegung nach dem Ersten Weltkrieg in Bezug zu heutigen Bewegungen und betont deren Kampf gegen Unterdrückung und Kapitalismus.

Buchhinweis

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Beatrice Schmid: «Du weisst mich jetzt in Raum und Zeit zu finden». Rotpunktverlag, 2019.

Ein interessanter Ansatz. Und angesichts des Umstandes, dass es sich um die eigene Familiengeschichte handelt, auch berechtigt. Mit Blick auf die erzählte Geschichte bleibt aber zu hoffen, dass sich die heutigen Bewegungen die Methoden von damals angeschaut und etwas daraus gelernt haben.

Ein interessanter Ansatz, sicher auch berechtigt. Bleibt nur zu hoffen, dass der Preis dafür nicht derselbe sein wird wie damals.

Sendung: Radio SRF 2 Kultur, Kontext, 17.03.2021, 17:58 Uhr

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