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Jahrhundert-Schriftsteller Truman Capote: «So gross wie eine Schrotflinte und genauso laut»

Truman Capote zelebrierte sein Anderssein. Damit wurde er zum Superstar. Aber dann stiess er sich mit einem Enthüllungsroman selbst vom Sockel.

Capote lispelte mit hoher Kinderstimme. Auch war er nur 1.60 Meter gross: «Ungefähr so gross wie eine Schrotflinte und genauso laut», pflegte er zu sagen. Seine Homosexualität versteckte er nicht und machte sein Anderssein zu seinem Markenzeichen. So wurde er ein Superstar – bis er den Bogen überspannte.

Truman Capote in Anzug vor Bücherregal.
Legende: Ein Kleiner ganz gross: Der US-amerikanische Schriftsteller Truman Capote (* 30.9.1924 –† 25.8.1984) war zu Lebzeiten ein Superstar der Literatur. Getty Images/John Downing

Geboren wurde er am 30. September 1924 in New Orleans. Seine unstete junge Mutter wusste nichts mit ihm anzufangen. Als Capote vier war, liessen sich die Eltern scheiden. Mit gelegentlichen Unterbrüchen wuchs der Junge bei Tanten im ländlichen Alabama auf.

Freundschaft mit Harper Lee

Ein Nachbarsmädchen dort: Harper Lee, die spätere Autorin von «To Kill a Mockingbird». Lange Jahre waren die beiden unzertrennlich. Dann überwarfen sie sich. Schrill und exaltiert war Capote schon immer. Aber Eifersucht, Alkohol und Drogen machten ihn unerträglich.

Mit fünf konnte er lesen und schreiben. Mit sieben tippte er seine ersten Geschichten auf der Schreibmaschine von Harper Lees Vater. 1932 heiratete Truman Capotes Mutter den Geschäftsmann José García Capote und holte den ungeliebten Sohn zu sich nach New York.

Sensationelles Debüt

Capote war hingerissen. In der Stadt der Städte wollte er es schaffen. Und es gelang. Nach einigen Erzählungen in Zeitschriften veröffentlichte der 23-Jährige seinen ersten Roman: «Other Voices, Other Rooms» (1947).

Das Buch war eine Sensation. Es erzählt eine Kindheit und Jugend im US-amerikanischen Süden als Schauergeschichte. Bigotterie, soziale Ungerechtigkeit und Rassenhass korrumpieren die Grenzen zwischen Schein und Sein.

Gnadenlos hart

Obwohl literarisch ungebildet, brillierte Truman Capote als Stilist. Seine Sätze lesen sich wie Musik, seine Beschreibungen wie Partituren. Die grossen Romane, die auf «Andere Stimmen, andere Räume» folgten, zeigen eine weitere Facette seines Erzählens: Es war gnadenlos hart.

So sezierte Capote in «Breakfast at Tiffany’s» (1958) kalt eine junge Frau, die hofft, in die High Society aufzusteigen und stattdessen riskiert, in die Prostitution abzurutschen. Ebenso kalt wartete er auf den perfekten Schluss für seinen grössten Erfolg, den Tatsachenroman «In Cold Blood» (1966).

Fünf Jahre lang recherchierte Capote das brutale Verbrechen an einer Farmerfamilie, das 1959 die ganze Nation erschüttert hatte. Hunderte Male besuchte er die Mörder im Gefängnis, freundete sich mit einem von ihnen an. Aber aus künstlerischen Gründen war ihm die Exekution lieber als eine Begnadigung.

Jäher Fall

«Kaltblütig» machte Truman Capote zum Millionär, aber sein Stern sank. Man warf ihm vor, die Tatsachen rund um den Mord an den Clutters kräftig manipuliert zu haben.

Umgekehrt hatte der Stoff in Capote Erinnerungen an Kindheitstraumata geweckt. Er bekämpfte sie mit Alkohol und Drogen. Sein exzentrisches Benehmen wurde erratisch, in der besseren Gesellschaft sah man ihn nicht mehr so gerne.

Und dann schoss er sich selbst ab. Nach langer Schreibkrise publizierte er 1975 Auszüge aus einem Roman, mit dem er zum Proust werden wollte: «Answered Prayers». Er plauderte darin die Geheimnisse seiner reichen und einflussreichen Freundinnen aus.

Von einem Tag auf den anderen war er, der berühmteste US-amerikanische Autor seiner Zeit, ein Paria. Völlig vereinsamt starb er kurz vor seinem 60. Geburtstag am 25. August 1984 in Los Angeles.

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Radio SRF2 Kultur, Kultur-Aktualität, 30.9.2024, 07:06 Uhr.

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