Sogar als sein Wohnheim niederbrennt, schafft Roald Dahl es, daraus eine amüsante Geschichte zu machen. Gleich am nächsten Tag schildert der 15-Jährige seiner Mutter in einem Brief, wie er und die anderen Jungs vom Internat mit 45 Feuerlöschern den Brand niederkämpfen.
600 Briefe, tausende Pointen
Von seinem neunten Lebensjahr bis zu ihrem Tod 1967 schreibt Roald Dahl seiner Mutter mehr als 600 Briefe. Sie alle sind spannend, und voller überraschender Pointen.
Dahl kommt früh ins Internat, weil Roalds Mutter nicht dulden will, dass an der örtlichen Schule auf die Kinder eingeprügelt wird. Zwar wird es in der nächsten Schule nicht besser, aber davon erzählt Roald ihr nicht.
Von Norwegen nach Wales
Seine Eltern kommen als norwegische Einwanderer nach Wales. Roald ist der einzige Sohn. Sein Vater stirbt als Roald vier ist. Die Mutter Sofie Magdalene Dahl bleibt mit ihm und seinen drei Schwestern zurück.
Die Mutter war eine furchtlose, sogar draufgängerische Frau – so beschrieben sie ihre Kinder.
Wild wie die Mutter
Bei den gemeinsamen Sommerferien in Norwegen versteht sie es, ein kaum seetüchtiges Bötchen durch hohen Seegang zu steuern. Erst dann ist sie in ihrem Element.
In diesen Eigenschaften kam Roald nach seiner Mutter: Wild, sportlich und unternehmungslustig. Er liess keinen Streich aus und bot den strengen und auch sadistischen Lehrern die Stirn.
Aber vergessen sollte Roald Dahl diese frühe Gewalt nie. Erst lange nach dem Tod seiner Mutter erzählte er in zwei autobiographischen Büchern und vielen Kinderbüchern von diesem oft sadistischen Umgang, den er an den Schulen seiner Kindheit erlebte.
Afrikanische Abenteuer
So ist er glücklich, als die Schulzeit vorbei ist und er seinen Traum vom Reisen in ferne Länder in die Tat umsetzen kann. Eine erste Anstellung bei einer Ölfirma bringt Gelegenheit dazu: Im Herbst 1938 reist Dahl mit dem Schiff nach Nairobi und weiter nach Tansania.
Zwar ist Dahl ins komfortable Leben in den britischen Kolonien gebettet – doch bei seinen Fahrten übers Land erlebt er auch Kämpfe mit Schlangen und begegnete Löwen, Zebras, Giraffen und Elefanten.
Knapp am Tod vorbei
Als der Zweite Weltkrieg ausbricht, lässt sich Dahl zum Jagdflieger ausbilden. 1940 verliert er bei einem Nachtflug in der libyschen Wüste die Orientierung, muss bruchlanden und überlebt knapp.
Trotz schwerster Kopfverletzungen kehrt er nach einem halben Jahr Pause in den Krieg zurück. Der Luftkrieg über Griechenland brennt sich ihm als eindringlichste und brutalste Erfahrung des Lebens für immer ins Gedächtnis.
Seiner Mutter schildert er auch diese schlimmen Zeiten so, als sei das Abenteuer immer schon überstanden. Erst als Kopfschmerzen und Blackouts so schlimm werden, dass sie das Fliegen verunmöglichen, kehrt Dahl nach England zurück. Bald darauf folgt er einem Angebot der britischen Botschaft, die ihn nach Washington holen wollen: Er soll die Sache der Alliierten unterstützen.
Der Schriftsteller wird geboren
Zunächst mit seiner Geschichte der Bruchlandung, dann mit der Kindergeschichte über die «Gremlins» wird Dahl zum Schriftsteller. Er feiert sogleich Erfolge: Walt Disney will die «Gremlins» verfilmen, Eleanor Roosevelt lädt Dahl ins Weisse Haus ein.
Das Schreiben stand im Mittelpunkt von Dahls zweiter Lebenshälfte. Und die Familie: Dahl und seine Frau Patricia Neal hatten zusammen fünf Kinder. Als die älteste Tochter Olivia siebenjährig an Masern starb, erlebte Roald Dahl den härtesten Schicksalsschlag seines Lebens.
Roald Dahls Mutter war bei alldem in der Nähe – entweder räumlich oder aber durch die Briefe von ihrem Sohn. Leider sind ihre Antworten nicht erhalten. Roald Dahls Briefe aber lesen sich wie Literatur. Sie nahmen den phantastischen Erzähler schon vorweg.