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Lauren Bacall und Humphrey Bogart im Film «The  Big Sleep»
Legende: Etwas gruseln hat schon früher Spass gemacht: Lauren Bacall und Humphrey Bogart im Krimi «The Big Sleep» von 1946. Imago / United Archives

Krimi-Empfehlungen Sieben Lesetipps für den Sommer

Ob Agentenroman, knallharter Thriller über Cyberterror oder unspektakulärer Westernkrimi mit gehörntem Sheriff – mit diesen sieben Kriminalromanen ist Spannung und Unterhaltung garantiert.

Wenn im Sommer die Hitze steigt, das Alltagsleben sich verlangsamt, gibt es für viele nichts Schöneres, als sich mit einem Buch in den Schatten zu verkriechen. Zum Beispiel mit einem Kriminalroman.

Bücherstapel im Garten
Legende: Für alle was dabei: unsere Empfehlungen für den Krimi-Sommer. SRF

Eine breite Auswahl an Krimi-Neuerscheinungen mit unterschiedlichen Tätern und Ermittlern: Da ist der nerdige Computergamer, der mit Hilfe seines Gamewissens einen international gesuchten Terroristen zur Strecke bringt oder der weichgespülte Sheriff mit Hang zur Selbstjustiz.

Dann gibt es einen amerikanischen Präsidenten, der plötzlich verschwindet und haufenweise Psychopathen mit seltsamen Vorlieben. In einigen Krimis wird mit Humor gemordet, in anderen ist eher Action angesagt. Also es hat für alle Geschmäcker etwas dabei.

Die Krimi-Auswahl:

«Wer andern eine Bombe baut» von Christopher Brookmayr

Sehr böse und voll schwarzem britischem Humor ist der Kultkrimi «Wer andern eine Bombe baut» vom schottischen Autor Christopher Brookmayr. Es ist ein frecher und geistreicher Thriller über einen durchgeknallten Terroristen und einen arglosen Familienvater, der ihm in die Quere kommt.

Buchcover: Wer andern eine Bombe baut
Legende: Der erste Teil dieser Trilogie von Christopher Brookmyre verspricht höchsten Lesegenuss. SRF

Der Roman ist gespickt mit Anspielungen auf die Musikszene der 1980er- und 90er-Jahre. Das verleitet dazu, zwischendurch die Songs nachzuhören. Zugleich wird ganz nebenbei auch die Kulturgeschichte der Computergames vermittelt. Das macht den besonderen Reiz dieses Kriminalromans aus.

«Wer andern eine Bombe baut» verspricht höchsten Lesegenuss und macht Lust auf weitere Krimis des Schotten Brookmayr. Zum Glück ist es der erste Teil einer Trilogie. Auf jeden Fall mein Lieblingskrimi in diesem Sommer.

«Der Klügere lädt nach» von Castle Freeman

Eher unspektakulär aber nicht minder unheimlich ist der Krimiwestern «Der Klügere lädt nach» von Castle Freeman. Er handelt von einem Sheriff, der die Fälle lieber aussitzt als anpackt. Ganz nach der Devise, dass sich das meiste von selber regelt, wenn man nur genug Geduld hat. Ob das auch für den Liebhaber der Ehefrau gilt, der sich in seinem Haus breitmacht?

Buchcover: Der Klügere lädt nach
Legende: Ein Sheriff mit Hang zur Selbstjustiz: «Der Klügere lädt nach» von Castle Freeman. SRF

Meine Lieblingsfigur in diesem Krimi ist allerdings nicht der gehörnte Sheriff, sondern sein weiblicher, 1 Meter 86 grosse Hilfssheriff mit den roten Haaren.

«Der Klügere lädt nach» ist ein Krimi, in dem es viel zu lachen gibt. Sarkastisch und komisch. Gar nicht lustig ist hingegen das Hauptthema der Geschichte: der Hang des Sheriffs zur Selbstjustiz.

«The President is Missing» von Bill Clinton und James Patterson

Wenn der ehemalige US-Präsident Bill Clinton einen Krimi schreibt, dann spielt die Handlung zwangsläufig im Weissen Haus. In «The President Is Missing» muss der amtierende Präsident eine terroristische Cyber-Attacke auf das Land abwehren und mit intriganten Politikern fertig werden.

Buchcover: The President Is Missing
Legende: Für «The President is Missing» hat Ex-Präsident Bill Clinton selbst in die Tasten gegriffen. SRF

Wie erwartet stürmte der Krimi, an dem Expräsident Clinton mitgeschrieben hat, in den USA die Bestsellerlisten. Es ist ein Plot getriebener Actionkrimi mit viel Anlehnung an die US-Serie «House of Cards» .

Aber taugt er auch was? Nur bedingt, weil Bill Clinton allzu offensichtlich zwischen den Actionszenen seine Weltanschauungen platziert. Nicht meine erste Wahl.

«Bewahren Sie Ruhe» von Maile Meloy

«Bewahren Sie Ruhe» von Maile Meloy war bei Erscheinen 2017 das Sommerbuch in den USA. Es beginnt ganz harmlos: Zwei befreundete Familien mit vier Kindern besteigen ein Kreuzfahrtschiff mit Kurs auf den Panamakanal.

Buchcover: Bewahren Sie Ruhe
Legende: In «Bewahren Sie Ruhe» von Maile Meloy werden un­be­darfte Touristen von der Realität eingeholt. SRF

Auf einem Landausflug in Mexiko verschwinden die vier Kinder spurlos. Hatten sie einen Unfall, wurden sie entführt, ist ihnen noch Schlimmeres zugestossen? Der Alptraum jeder Familie.

Meloy kommt nicht ohne Klischees aus – wenn sie privilegierte, aber ignorante Amerikaner oder korrupte und kriminelle Zustände in Mittelamerika beschreibt – aber sie erzählt fesselnd. Etwa, wenn sie die Lesenden mit der Frage konfrontiert, was mit Touristen geschieht, die ein für sie exotisches Land in erster Linie als Spielwiese sehen, aber plötzlich von Realität und Komplexität eingeholt werden.

«Krokodilwächter» von Katrine Engberg

Ein noch unveröffentlichter Krimialroman wird für einen Mörder zur Vorlage für einen grausamen Mord an einer Studentin. Besonders brutal: Der Täter hinterlässt auf dem Gesicht der Ermoderten seine eingeritzte Visitenkarte. Wer tut so was und warum?

Buchcover: Krokodilwächter
Legende: Originelle Ansätze, aber etwas überkonstruiert: «Krokodilwächter» von Katrine Engberg. SRF

Ein neues dänisches Ermittlerduo geht der Sache nach und stösst auf Ungereimtheiten in der Familiengeschichte des Opfers. Dabei kommt es einem Psychopathen auf die Spur.

In diesem Krimidebut der dänischen Autorin Katrine Engberg geht es um verletzte Seelen. Das Motiv für den Serienmörder liegt – wie zu erwarten – in der Kindheit. Allerdings wirkt das, was ihn zu den grausamen Morden antreibt, nicht ganz überzeugend.

Die dänische Autorin Katrin Engberg erobert mit dem neuen Ermittlerduo die Krimigemeinschaft in Dänemark. Es ist der Auftakt zu einer neuen Krimiserie. Der erste Krimi hat originelle Ansätze, wirkt allerdings noch etwas überkonstruiert.

«Drei Tage und ein Leben» von Pierre Lemaitre

In einem Dorf in einer bewaldeten Gegend Frankreichs verschwindet kurz vor Weihnachten ein sechsjähriger Junge. Das ganze Dorf durchkämmt die Umgebung, aber man findet den Jungen nicht. Und dann kommt ein Jahrhundertsturm und fegt die Spuren weg. Keine Chance, dem Täter noch auf die Spur zu kommen.

Buchcover: Drei Tage und ein Leben
Legende: «Drei Tage und ein Leben» von Pierre Lemaitre ist ein subtiler Kriminalroman, der unter die Haut geht. SRF

Aber die Lesenden des Krimis wissen von Anfang an, wer am Verschwinden des Jungen schuld ist. Es ist ein Jugendlicher aus dem Dorf, der 12-jährige Antoine, der den Jungen schlägt und aus Versehen tötet.

Es ist also kein geplanter Mord, sondern eher ein Unfall. Aber Antoine traut sich nicht, das zu sagen. Und so muss er mit dieser Schuld leben und gleichzeitig Angst haben, dass er als Täter entlarvt wird.

«Drei Tage und ein Leben» ist ein psychologischer Roman. Er besticht durch seine Komplexität und die genaue Beschreibung der handelnden Figuren. Es ist ein Stück weit auch ein Portrait der kleinbürgerlichen, etwa spiessigen Umgebung.

Pierre Lemaitre schildert feinfühlig und ohne zu urteilen, wie Antoine mit dem traumatischen Erlebnis umgeht und wie es sein Leben auf immer verändert. Ein subtiler Kriminalroman, der unter die Haut geht.

«Speicher 13» von Jon McGregor

Auch in diesem Kriminalroman verschwindet ein Kind. Diesmal in Mittelengland. Die 13-jährige Rebecca kehrt von einer Moorwanderung nicht mehr nach Hause zurück.

Buchcover: Speicher 13
Legende: Wenig Action, dafür viel Tiefsinn: «Speicher 13» von Jon McGregor. SRF

Die Polizei leitet eine Suchaktion ein. Das ganze Dorf beteiligt sich daran. Aber das Mädchen bleibt verschwunden. Dieses Verschwinden legt sich wie ein bleiernes Tuch über die Dorfgemeinschaft.

«Speicher 13» ist kein klassischer Krimi – kein «Who done it». Es ist eher eine soziologische Studie über das Dorf, die Gesellschaft. Das Verschwinden des Mädchens tritt mehr und mehr in den Hintergrund. Der Autor beobachtet das Dorf und seine Bewohner nach dem Verschwinden über mehrere Jahrzehnte hinweg.

Wie durch ein Schlüsselloch schaut er, was die Menschen treiben. Was sie beschäftigt, umtreibt, schmerzt. Da ein Seitensprung, hier ein kleiner Betrug, da Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit. Allzu Menschliches eben.

Das ist die Stärke dieses Romans, in dem es wenig Action, dafür viel Tiefsinn gibt. Unbedingt lesenswert.

Buchhinweise

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  • Christopher Brookmyre: «Wer andern eine Bombe baut». Galiani Berlin, 2018.
  • Castle Freeman «Der Klügere lädt nach». Nagel und Kimche, 2018.
  • Bill Clinton und James Patterson: «The President Is Missing». Droemer, 2018.
  • Maile Meloy: «Bewahren Sie Ruhe». Kein und Aber, 2018.
  • Pierre Lemaitre: «Drei Tage und ein Leben». Klett Cotta, 2017.
  • John McGregor: «Speicher 13». Liebeskind, 2018.
  • Katrin Engberg: «Krokodilwächter». Diogenes, 2018.

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