Drei Tapferkeitsmedallien für ausserordentliche Leistungen auf dem Balkan und in Afghanistan hatte Nils Oxen bereits erhalten. Bei seinem Ausscheiden aus der Armee 2010 verlieh ihm der dänische Staat noch zusätzlich das Tapferkeitskreuz – als erstem Elitesoldaten überhaupt.
Aber das Metall interessiert ihn nicht. Die Orden verstauben in einer Schachtel. Nils Oxen hat ganz andere Sorgen: Freiwillig war er für sein Land, einem engagierten NATO-Mitglied, in den Krieg gezogen – als gebrochener Mann kehrte er Jahre später wieder heim.
Auf den Hund gekommen
Mittlerweile ist seine Ehe geschieden. Sein unbeherrschtes Temperament hat ihm bereits 15 Anzeigen bei der Polizei beschert. Er erträgt weder Fussballspiele noch Geburtstagspartys. An eine geregelte Arbeit ist nicht zu denken.
Oxen zieht die Konsequenzen und lässt sich mit seinem Hund im Wald nieder. Hier hat er seine Ruhe, jedenfalls äusserlich. In seinem Innern rumoren die Dämonen weiter. Sie haben sich tief in sein Gedächtnis eingegraben und rauben ihm regelmässig den Schlaf.
Gut recherchiert, aber nicht realistisc h
«Das sind typische Symptome einer posttraumatischen Belastungsstörung, PTBS», sagt der Psychiater und Psychotherapeut Matthis Merk, der viele Jahre das Ambulatorium für Folter-und Kriegsopfer am Unispital Zürich geleitet hat.
Merk hat «Oxen» gelesen und attestiert dem Autor Jens Henrik Jensen gute Kenntnis dieser psychischen Problematik. Einzig die Tatsache, dass Oxen gleichzeitig in einem komplexen Verbrechen ermittelt, sei für einen PTBS-Patienten undenkbar.
«Betroffene sind ja kaum in der Lage, im normalen Alltag wieder zu funktionieren», sagt Matthis Merk. «Wie sollte also einer fähig sein, eine solche Mammut-Aufgaben für den dänischen Geheimdienst zu lösen?»
Abstürze und Aufregung
Nun: Die Literatur vermag bekanntlich vieles, was uns die Realität vorenthält. Und weil Jens Henrik Jensen seinen Ermittler nicht als Superhelden darstellt, sondern uns teilhaben lässt an seinen psychischen Abstürzen und Panikattacken, bleibt die Geschichte plausibel.
Der Autor hat sich – in seiner früheren Rolle als investigativer Journalist – jahrelang mit der Problematik der Kriegsveteranen beschäftigt, die in Dänemark grosse Debatten ausgelöst hatte.
Anrecht auf Rente
Vor allem, als sich erst ein paar Jahre nach Ende der Friedensmission auf dem Balkan im Jahr 1995 bei vielen Soldaten PTBS-Symptome zeigten. Sie hatten in diesem Bürgerkrieg reinen Beobachterstatus gehabt, und waren von der Grausamkeit vor Ort völlig überrumpelt worden.
Der Kampf der Politiker und Veteranen um Entschädigung hat sich übrigens gelohnt. Heute hat jeder dänische Kriegssoldat Anrecht auf eine staatliche Invalidenrente. Egal, wann er seine Trauma-Schäden geltend macht.