Liebe Bette Midler,
Eine Rose ist eine Rose ist eine Rose. . .
Es war 1981, als ich Dir zum ersten Mal begegnete. Im Kino natürlich. Wie, um Himmels Willen, sollte auch «The Divine Miss M.», wie wir, Deine Anhänger, Dich nennen – wie also sollte sich «The Divine Miss M.» verirren ins kleine Bergdorf Amden, wo ich aufwuchs!? Du spieltest die Hauptrolle im Film «The Rose» , der die skrupellose Vermarktung und den frühen Drogentod von Janis Joplin nachzeichnete. Zu Recht wurdest Du für den Oscar nominiert – zu Unrecht haben sie ihn Dir nicht verliehen.
«The Rose» –
Eigentlich ein zu tragischer Film, um sich in eine Schauspielerin zu verlieben und doch ... Deine Intensität, Dein Spiel, Dein Gesang, Deine Verletzlichkeit, Deine Rauheit und Dein Feingefühl hinterliessen in mir eine Bewunderung für Dich, die bis heute anhält.
Ich sah alle Deine Filme, viele davon waren intelligent, unterhaltend, manche kitschig, manche lustig und manche (unter uns Pfarrerstöchtern), auch – ein bisschen doof.
Liebe Bette, Du schaffst es, dass ich Dich auch in den seichtesten Filmen liebe. Du kannst blödeln, singen, weinen, kreischen, tanzen, scharwenzeln und parodieren.
Du bist albern, ernst, hässlich, sexy, tiefgründig – und das oft alles gleichzeitig.
Du bist, wie man auf Französisch so schön sagt: «une artiste complète».
Du hast Chuzpe; verliessest Du doch als junges Mädchen Hawaii, um in New York ein grosser Star zu werden. Du hast lange gekellnert, Dir in Schwulensaunas ein kleines, treues Publikum ersungen, Off Off Off Brodway getanzt, und ich bin überzeugt, noch einige Dinge getan, von denen ich nichts weiss und auch nicht wissen sollte.
Das alles fühle ich, wenn ich Dich bei Deinen grosszügigen Bühnenshows beobachte. Ganz nach Deinem Motto: «The Showgirl must go on.» Du schaffst es, mich mit einer Ballade zu Tränen zu rühren, um mich im nächsten Augenblick mit einer Anekdote zu schockieren.
Ja das bist Du auch; frivol, frech, frei. Ich weiss, dass Du die Menschen magst, seit vielen Jahren setzt Du Dich für ein «grüneres New York» ein. Dafür wurdest Du von vielen belächelt – und hast geantwortet mit Taten und einem Lächeln zurück.
Liebe Bette, wie ich Deine Freunde beneide – ich gehörte gerne auch dazu. Neulich sah ich Dich in einem Fernsehinterview, und auf die Frage, wann Du am glücklichsten warst, sagtest Du: Es war an einem sonnigen Tag in den Schweizer Bergen, mit gesunder Luft auf einer Wiese mit bunten Blumen.
Ich bin überzeugt, das war in Amden, liebe Bette, und ich stand ganz nahe bei Dir und Deinem Glück.
Eine Rose bist du nicht – nein – ein ganzer Rosengarten.
In Liebe und Treue
Dein Michael von der Heide