Nach «Nächster Halt auf Verlangen. Ein paar Kolumnen» legen Sie einen zweiten Band vor: «Die Launen des Tages. Geschichten II». Sind das nun Kolumnen oder Geschichten?
Arno Camenisch: Für mich sind das Geschichten und keine Kolumnen, auch wenn sie in diesem Format erscheinen. Ich nehme mir auch nicht vor, eine Kolumne zu schreiben, in der ich etwas Aktuelles verhandle. Mein Text soll auch noch in 10 bis 15 Jahren aktuell sein.
Was können Sie über die Freuden und Leiden beim Kolumnen- oder Geschichtenschreiben erzählen?
Es ist eine spannende Form. Man hat eine vorgegebene Länge, und da muss alles reinpassen.
Für mich ist das wie ein Whisky, eine verdichtete Geschichte. Ich liebe es zu verdichten. Obwohl das manchmal schon ein «Chnorz» ist.
In dieser Reihe von Geschichten kommt die Ich-Figur immer in eine ausweglose Situation. Und was dann passiert, das ist die grösste Arbeit. Es geht einer auf die Strasse, und – peng! – zieht ihn das Leben woanders hin.
Aber ich hocke nicht wochenlang an einer Geschichte. Ich lasse mich – sagen wir mal – für zwei Tage darauf ein. Das Schöne daran: Es ist dann abgeschlossen. Eine fertige Geschichte als Teil dieser Reihe.
Die Geschichten sind grösstenteils im Magazin «Bolero» erschienen. Sind Sie eigentlich völlig frei, wenn Sie für eine Zeitung oder eine Zeitschrift schreiben?
Ich mache gleich am Anfang klar, dass ich nur dabei bin, wenn ich es so machen kann, wie ich es gerne möchte. Wenn die Redaktion einverstanden ist, dann ist es gut. Sonst mache ich es nicht.
Arbeiten Sie oft auf den letzten Drücker?
Nein, ich beginne früh genug, weil ich eine Geschichte erzählen möchte, die auch «verhebt». Einen kurzen Text muss man genauso ernst nehmen wie ein Buch.
Also lieber nicht im letzten Moment, das wäre schade. Es arbeitet bei mir ständig im Hinterkopf.
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Machen Sie sich zwischendurch Notizen, um Einfälle zu behalten?
Ich mache mir keine Notizen. Ich überlege mir eine Woche lang, welche Geschichte ich gerne erzählen würde und denke an die Leute, denen ich sie erzählen möchte. Und dann sitze ich einfach hin und schreibe sie auf.
Möchten Sie mit diesen Geschichten auch Anliegen oder Botschaften loswerden?
Eigentlich nicht. Sie entstehen aus der Freude am Erzählen. Ich habe gerne Geschichten, die leicht skurril und komisch sind. Komik ist etwas Schönes, gemischt mit etwas Tragischem.
Zurzeit passieren in dieser Welt so schlimme Sachen. Das deprimiert mich. Mit diesen Geschichten möchte ich einen Moment Freude geben beim Lesen.
Und dabei können Sie in diesen Geschichten auch etwas ausleben, das in der Wirklichkeit so nicht möglich wäre?
Ich glaube schon (lacht). Ich werde oft gefragt: Ja, sag mal, ist das wahr? Das ist witzig und ich möchte es in der Schwebe lassen.
Das ist wie ein Flatterball im Fussball. Vielleicht nimmt es eine Wendung, die durchaus wahr sein könnte … Alles ist möglich. Ich glaube, wir finden uns alle in diesen Geschichten. Mit all den Hoffnungen und Sehnsüchten, das ist irgendwie sehr menschlich.
Kolumnen oder – wie Sie es lieber haben – kurze Geschichten schreiben: Kann man das lernen?
Ich habe vor drei Jahren zum ersten Mal eine Kolumne geschrieben. Ich hatte keine Ahnung. Dann habe ich eine Form gefunden, die mir passt, in der es mir wohl ist. Ich wüsste nicht, wie eine klassische Kolumne aussehen müsste.
Welche Kolumnen lesen Sie denn gerne?
Ich lese Kolumnen «en passant». Wenn ich mal ein Heft oder eine Zeitung in der Hand habe, und ich gerade darauf stosse. Aber ich lese nicht jede Woche eine bestimmte Kolumne.
Das hat auch mit mir als Typ zu tun, wie ich durch die Welt gehe. Ich bin einfach ein neugieriger Mensch, der da und dort Sachen aufschnappt.