Es ist kein Zufall, dass die erste «Electric Book Fair» Deutschlands – vielleicht gar Europas – in Berlin stattfand. Hier wurden in den letzten Jahren gleich mehrere Verlage für digitale Literatur gegründet: das Beben, Frisch & Co., if ebooks, Rattenreiter Verlag, Ring eBooks, Waahr, 60pages. Auf diesen Trend vermochte die klassische Buchmesse noch nicht angemessen zu reagieren. Man ordnete bisher das E-Book den Bereichen «Technologie / Innovation» oder «Selfpublishing» zu – ein unbefriedigender Zustand, den es zu verändern galt.
Das haben die Initiantinnen und Initianten der «Electric Book Fair» nun getan: Christiane Frohmann (Frohmann Verlag), Nikola Richter (mikrotext), Fabian Thomas (shelff) und die Kommunikationsdesignerin Andrea Nienhaus haben zur inhaltlichen Beteiligung aufgerufen. Das Ergebnis: Unterschiedlichste Podiumsdiskussionen zu Themen wie Copyright und Crowdfunding und Gespräche, die sich spezifisch mit neuen Formen der digitalen Literatur auseinandersetzten; beispielsweise der Frage, wie Literatur über digitale Kanäle vermittelt werden kann.
Wozu noch eine Messe?
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Viel zu sehen gab es nicht an dieser ersten «Electric Book Fair» – keine Verlagsstände, keine E-Book-Anbieter, dafür viele Menschen. Einziger visueller Anker waren neonfarbene Klebestreifen. In der E-Book Library immerhin liess sich mit unterschiedlichen Geräten im neuen Programm der Verlage elektronische Literatur schmökern.
Laut Nikola Richter, der Projektleiterin der «Electric Book Fair», war kein klassischer Messeauftritt beabsichtigt: «Wir zeigen hier gute, neue Literatur auf eine Weise, die wir zusammen mit anderen aus der Community entwickelt haben. An unserer Veranstaltung geht um das digitale Lesen – jenseits der Nische.»
Community und Vernetzung, das waren die zentralen Schlagworte: Mit der Messe sollten dezidiert auch Interessierte jenseits Berlins angesprochen werden. So waren auch Vertreter des digitalen Verlegens aus anderen deutschen und österreichischen Städten und aus Argentinien, Frankreich, Kosovo und den USA zugegen.
Das E-Book als Übergangsformat
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Im Vordergrund stand das E-Book, das weltweit auf dem Vormarsch ist. Nikola Richter: «Gedruckte Bücher werden auch weiterhin ihren Platz als Kulturgut haben. Uns geht es darum, dass der digitale Text als Kulturgut ebenfalls ernst genommen wird.» Das digitale Lesen und die Verlagsprogramme würden sich immer mehr ins Netz verlagern. «Der Trend geht in Richtung lesen im Browser. Die meisten von uns lesen bereits heute online: direkt von Link zu Link geführt.»
Die E-Books als geschlossenes Format, wie es sie heute gibt, seien für Texte vermutlich eine Art Zwischenzustand – wie die Kassette oder die CD für Musik. Allerdings hat das Lesen von E-Books auf Geräten wie dem Kindle oder dem iPad auch Vorteile gegenüber dem Lesen im Browser. Richter zählt auf: «Man kann offline sein, ist raus aus seinen Feed. So bekommt der digitale Inhalt mehr Tiefe und Ruhe, auch weil er nicht ständig über Verlinkungen über sich hinausführt. Auch hat das Lesen dieser Formate mehr kulturelle Ähnlichkeit mit dem gedruckten Buch – durch das Blättern oder die Möglichkeit, Lesezeichen zu setzen. Der Kulturschock ist also nicht so gross.»
Die Debatte in Gang setzen
Im Vergleich zur Buchkultur, die mit über 500 Jahren eine lange Entwicklung hinter sich hat, ist das E-Book mit etwa 20 Jahren noch extrem jung. «Geben wir dem digitalen Lesen noch etwas Entwicklungszeit», fügt Nikola Richter aber an. Über die Entwicklung und mögliche Trends schafft auch der jüngst erschienene Sammelband «Bücherdämmerung. Über die Zukunft der Buchkultur» (Herausgeber: Thomas Macho) einen interessanten Überblick.
Wo andernorts zum Ende die Messestände wieder abgebaut werden müssen, nutzte die «Electric Book Fair» die eingesparte Zeit: Das Kuratoren-Team publizierte im Nachgang den Text «Ästhetik des E-Books – Beginn einer Debatte» auf der Website, der «als Initial einer weiterführenden Diskussion über die ästhetischen und politischen Möglichkeiten des E-Book-Gestaltens, -Verlegens und -Vertreibens» wirken soll. «Die Zukunft des Lesens ist elektrisch. Ob das gut oder schlecht ist, liegt an uns», so die Kuratoren im Vorwort des Textes.