Seine Freunde rieten ihm von der Reise ab, sagten, es sei viel zu gefährlich, sich in das abgeschiedene Harban-Tal in Nordpakistan zu wagen. Doch gerade der schlechte Ruf des Bergvolkes – von Männern, die als Räuber und Wegelagerer verschrien sind und als grausame Ehrenmörder gelten – dieser schlechte Ruf wirkte auch anziehend auf Jürgen Wasim Frembgen. Seine Neugierde und Abenteuerlust waren geweckt.
So beginnt die Reise, auf die uns der Autor des Buchs «Das verschlossene Tal – bei wehrhaften Freunden im pakistanischen Himalaja» mitnimmt. Der Deutsche Ethnologe und Islamwissenschaftler Jürgen Wasim Frembgen kennt Pakistan bereits seit Jahrzehnten. Er kennt die Sprachen und die Menschen, in seinen Büchern beschreibt er ihre Sitten und Bräuche. Im Fokus stehen aber klar die Begegnungen mit den Menschen.
Man spürt die misstrauischen Blicke
Seine Bücher schreibt er im Stil eines Reiseberichts, in keiner Art und Weise abgehoben oder professoral unverständlich. So lässt er die Leser an seinen Abenteuern ganz nah Teil haben: Man spürt die misstrauischen Blicke, die ihn bei seiner Ankunft verfolgen, man kann nachempfinden, wie enttäuscht er ist, wenn er durchs Dorf hetzen muss, nie stehenbleiben darf, um die faszinierenden Häuser anzuschauen, da stehenbleiben, ohne dass man eingeladen wurde, als unhöflich gilt.
Sendung zum Thema
So wie sich diese fremde Welt dem Ethnologen langsam etwas öffnet, so öffnet sie sich auch den Lesern. Und aus den anfänglich misstrauischen Menschen werden Personen, die man mag, die man Schritt für Schritt kennenlernt – und auch bei intimen Momenten dabei ist. Wie beispielsweise bei einem Abendessen, wo die Sehnsucht der Männer besungen wird: «Yusuf beugt sich zu mir herüber und erklärt, dass es in dem Lied, das Taus selbst gedichtet habe, um die Sehnsucht nach einem geliebten Mädchen gehe. Sie werde beschreiben als eine duftende Narzisse, die der Poet wie eine Hummel umschwirre, um an ihren Nektar zu gelangen. Ich wisse ja nicht, wie schön die Frauen hier seien.»
Der Reisebericht liest sich manchmal wie ein Krimi
Der Autor bekommt nie eine Frau zu Gesicht. Er begegnet nur Männern und Knaben – Mädchen und Frauen leben abgeschottet von der männlichen Welt. Jürgen Wasim Frembgen vermittelt diese Tatsache unaufdringlich, doch auch für ihn befremdlich.
Der Reisebericht des Ethnologen liest sich manchmal wie ein Krimi, besonders gegen Ende des Buchs, als die Blutrache ins Spiel kommt und sich die anfänglich erwähnten Vorurteile von einer Gesellschaft, in der Ehrenmorde zum Alltag gehören, doch noch ein wenig bestätigen. «Das verschlossene Tal» hat sich auch nach der Lektüre dieses Buchs nur einen Spalt weit geöffnet, doch die Menschen sind einem ans Herz gewachsen.