Als Krimiautor trat Martin Walker erst vor wenigen Jahren in Erscheinung. Seinen ersten Roman über die Kriminalfälle des Dorfpolizisten Bruno Courrèges schrieb er im reifen Alter von 61 Jahren.
Aber Schreiben war schon immer sein Beruf. Nach seinem Studium arbeitete er über 25 Jahre lang als Journalist und Korrespondent der britischen Tageszeitung «The Guardian».
Denkwürdige Begegnung mit Thatcher
Als 23jähriger Jungjournalist des renommierten Blattes hatte er 1970 eine Begegnung, die – im wahrsten Sinne des Wortes – Spuren hinterliess. Walker traf zusammen mit seinem Kollegen Christopher Hitchens die damalige Bildungsministerin Margaret Thatcher zum Interview.
Die spätere «Iron Lady» verabreichte den Jungjournalisten spasseshalber eine Portion «Fuditätsch», weil sie wenig Gefallen fand an den kritischen Artikeln, die Walker und Hitchens über sie publiziert hatten.
Diese handgreifliche Episode markierte den Anfang der langen gemeinsamen Zeit von Maggie Thatcher und Martin Walker im britischen Politzirkus. Sie erklomm die Karriereleiter von der Vorsitzenden der Konservativen Partei bis zur Premierministerin.
Ein Treffen unter vier Augen
Er beobachtete ihren Aufstieg und kommentierte ihr Tun als Journalist und Kolumnist kritisch in diversen Zeitungen und Fernseh-Interviews. Von 1983 bis 1988 leitete Martin Walker das Auslandbüro des «Guardian» in Moskau.
In dieser Zeit verfasst er zahlreiche Sachbücher über Russland und den Kalten Krieg. Als Maggie Thatcher 1986 bei einem Gipfeltreffen mit Michail Gorbatschow wissen wollte, was die Perestroika für Auswirkungen haben könnte auf die Zukunft der Welt, zapfte sie das Wissen von Martin Walker an. Nach einem offiziellen Essen in der britischen Botschaft verlangte die «Eiserne Lady» ein Treffen unter vier Augen.
Caligulas Augen und Monroes Lippen
Martin Walker erinnert sich: «Margaret sass ohne Schuhe auf dem Sofa. Ich brachte eine Flasche ihres Lieblings-Whiskys mit. Man muss wissen, Margaret Thatcher hat eine sehr starke erotische Macht. Dieser Meinung waren auch Gorbatschow, Reagan und Mitterand. Der französische Präsident beschrieb Margaret mit den Worten: Sie hat die Augen des römischen Kaisers Caligula und die Lippen von Marilyn Monroe.»
Thatcher wollte von Walker wissen, warum eine Öffnung der Sowjetunion positiv sein könnte. Er erklärte ihr, dass Gorbatschow nur erfolgreich sein könne, wenn er seinem Volk mehr Freiheiten zugestehe und eine solche Öffnung keine Bedrohung für die Welt bedeute.
Gut, sagte Margaret Thatcher. Morgen bei der Pressekonferenz im Kreml müsse er ihr diese Frage stellen. Gesagt getan. Am nächsten Morgen stellte er bei der Pressekonferenz die gewünschte Frage und Thatcher brillierte als Antwort mit Walkers Argumenten.
Périgord - Walkers zweite Heimat
Der politischen Arbeit ist Martin Walker bis heute treu geblieben. Seit 1997 arbeitet er in Washington, D.C. für eine Denkfabrik, die ökonomische Zukunftsanalysen macht und Topmanager sowie Politiker berät. Vor sechs Jahren übernahm er die Leitung dieses «Think Tanks».
Vier Monate im Jahr tauscht er allerdings die grosse Bühne der Weltpolitik gegen ein kleines verschlafenes Nest 150 Kilometer östlich von Bordeaux. Im Périgord, der Wiege der Menschheit, hat Martin Walker seine zweite Heimat gefunden.
Seit 1999 lebt er im Land der 1001 Schlösser und schreibt seine Krimis über «Bruno, Chef de Police». In seinen Büchern mixt er aktuelle Gesellschaftsthemen mit historischen Begebenheiten, würzt das Ganze mit Lokalkolorit, herrlichen Landschaftsbeschreibungen und den kulinarischen Gepflogenheiten der schmucken Tourismusregion.
Gefiederte Politgrössen
Mit seinen Krimis hat Martin Walker das Périgord auf die literarische Weltkarte gehievt und ein klein wenig ist die Weltpolitik auch in seinem Bauernhaus präsent.
Im Hühnerstall tummeln sich Politgrössen in gefiedertem Kleid. Martin Walker hat seine Hennen mit populären Namen ausgestattet. Und so gackern dort Maggie T., Angela M. und Hillary C. um die Wette, während Hahn Sarko unter dem argwöhnischen Fasanen- Auge von François das junge Huhn Carla bespringt…