Wo anfangen bei diesem Roman? Am besten mit dem ersten Kapitel, im Berlin Anfang der 30er Jahre. Egon Loeser heisst die Hauptfigur, ein junger zynischer Protagonist. Er ist Bühnenbildner und erfolglos. Ein «Loser» eben, wie der Name schon sagt. Ein richtiger Nerd. Zumindest wenn man seine Konkurrenten anschaut: Bertolt Brecht, der der Star jeder Party ist und den Loeser allein deshalb schon hasst, oder Rupert Rackenham, der Loeser alles klaut, was ihm wichtig ist. Zuerst die Idee – dann auch noch die Angebetete: Adele Hitler, nicht verwandt und nicht verschwägert mit Adolf Hitler.
Loeser ist immer auf der Suche nach der nächsten Droge, immer auf der Suche nach Sex – auch da erfolglos. Als Adele nach einer Begegnung in Berlin mit Jean-Paul Sartre nach Paris abhaut, folgt Loeser ihr. Er trifft Adele aber nicht mehr an, denn sie ist weiter nach Los Angeles gezogen. Also macht sich auch Loeser auf den Weg.
Waghalsige Handlungsstränge
Alles erinnert an eine klassische Screwball-Komödie, die mit Krimi- oder gar Spionage-Elementen angereichert ist. Slapstickhaft zeichnet Ned Beauman (geb. 1985) seine skrupellosen, absolut moralfreien Figuren. Er erzählt dabei humorvoll-augenzwinkernd, salopp und verspinnt die skurrilen Handlungsstränge so waghalsig miteinander, dass man als Leser den Überblick verliert.
Dabei ergeht es uns nicht anders als vielen Zeitgenossen jener Epoche der Zerrissenheit, der Unübersichtlichkeit, der Verwirrung – immerhin spielt der Roman nicht nur in den Jahren vor Ausbruch des Zweiten Weltkrieges in Europa. Es ist die Zeit, in der auch Leute wie Aleister Crowley und L. Ron Hubbard in Los Angeles waren.
Ein Spiel mit Tabubrüchen
Die Schwächen des Romans sind zugleich auch seine Stärken: eine chaotische Handlung mit Haupt- und Nebensträngen, eine manierierte Sprache, teils treffsicher, teils daneben, ein Spiel mit Tabubrüchen – moralischer Art, aber eben auch im politischen Sinne. Indem Beauman Loeser den Weg der vielen Emigranten gehen lässt, und das freiwillig und ohne jede Not, indem er den Protagonisten alle politischen Zeichen in Berlin ignorieren lässt, indem er ihn sogar da mitmachen lässt, wo es für Loeser persönliche Genugtuung ist, verharmlost der Roman alle Schrecken dieser Zeit und setzt sich über sie hinweg.
Das kann man ihm durchaus zum Vorwurf machen. Gleichzeitig geht der Autor da kühn und frech vor – und das macht gewisse Szenen durchaus witzig. So wie man den ganzen Roman als eine durchaus unterhaltsame, auch irritierende, aber sehr lohnende Lektüre bezeichnen kann.
Ach ja, der Titel! Dieser bezieht sich auf Loesers Versuch, eine Maschine zu erfinden, die auf der Theaterbühne einen Menschen quasi von einem Ort zum anderen beamen soll – in Anlehnung an den grössten Bühnenbildner des 17. Jahrhundert, Adriano Lavicini. Was es mit dessen Geschichte auf sich hat und welche Rolle Alfred Döblin und sein Meisterwerk «Berlin Alexanderplatz» in Beaumans Roman spielen – das muss schon jeder selbst herausfinden.