«Die beste Spionagegeschichte, die ich je gelesen habe», urteilte der britische Schriftsteller Graham Greene. Das ist ein Ritterschlag, denn Greene kennt sich aus. Beste Referenz für einen Roman, der vor 50 Jahren erstmals erschien und seinen Autor über Nacht zum Star beförderte. Sein Name: John Le Carré. Sein Buch: «Der Spion, der aus der Kälte kam».
Genaue Recherche, gepaart mit eigenen Erfahrungen beim MI6
Die Kälte, das ist die Arbeit für den britischen Geheimdienst. Es ist das gefühlte Klima zwischen Ost und West der 50er-Jahre. Eine Welt, in der der Kalte Krieg schon beginnt, bevor der Heisse ganz beendet ist.
Alec Leamas leitet das (West-)Berliner Büro der Organisation. Sein Gegenspieler, auf der anderen Seite, ist Hans-Dieter Mundt, Leiter der ostdeutschen Staatssicherheit. Man hat später Markus Wolff, den echten Stasi-Chef, in ihm erkannt. Aber Le Carré, eigentlich David Cornwell, hat das immer bestritten.
Die Figuren Leamas und Mundt sind Literatur, natürlich. Aber Le Carré recherchierte genau, und er verfügt über eigene Erfahrungen mit der Arbeit für den MI6 in Bonn und in Hamburg.
Maulwurf, Doppelagent, Verrat als Prinzip
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Der Autor arbeitete am Drehbuch mit, als sein Roman schon kurz nach Erscheinen verfilmt wurde, mit Richard Burton und Peter van Eyck in den Hauptrollen. Der Film, in dem es nie richtig hell wird, trifft das Buch wie selten: Eine Atmosphäre mehr grau als schwarz-weiss, dämmerig. Nichts ist so, wie es scheint. Hinter jedem Verdacht versteckt sich ein weiterer. Mutmassungen über Mutmassungen halten Carrés Personal in Bewegung. Der Verrat ist Prinzip.
Als das westliche Spionagenetz in der DDR ausgeschaltet wird, ist die Frage: Maulwurf oder Doppelagent in den eigenen Reihen? Hauptfigur Leamas lässt sich zum Schein von der Gegenseite anwerben. Seine Frage: Wer ist Mundt, sein Gegenspieler? Der Roman gibt die Antwort ganz zuletzt, als eine überraschende Volte.
Nur zählt das schon nicht mehr. In der Epoche des Misstrauens ist der Zweifel nicht zu beseitigen. Das letzte Wort hat die Organisation, das «Rondell», die Macht, die an allen Fäden zieht, ohne selbst erkennbar zu sein. Surreal könnte man das nennen, wenn das Wort inzwischen nicht unter Vorbehalt stünde, Passepartout für jedwede Nutzung zu sein.
Carrés Leamas ist die Gegenfigur zu James Bond
Das ist modern gedacht, auch nach den historischen Bedingungen des Kalten Krieges. Macht ist immer anderswo und doch allgegenwärtig, nicht nur in den Geheimdiensten weltweit.
John Le Carré und seine Hauptfigur Alec Leamas wurden damit die Gegenfiguren zu Ian Flemming und seinem Helden James Bond. Und das nicht nur in der literarischen Fallhöhe.
Carré hat es ernst gemeint mit diesem grossen Roman, der noch 2010 in die Liste der 100 «All-Time-Novels» des Time Magazine aufgenommen wurde.