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Eine Braut trägt Haarschmuck. Das Foto ist nicht scharf.
Legende: In Lot Vekemans' Roman geht es um das Ausloten der Kluft, zwischen dem, was ist und dem was man sich vom Leben erhofft. photocase/willma...

Literatur «Ein Brautkleid aus Warschau»: ein Buch von Glückstaumel und Leid

Lot Vekemans kennt man als Dramatikerin. Als Autorin eines Romans betritt die Niederländerin Neuland. «Ein Brautkleid aus Warschau» handelt von der jungen Polin Marlena und ihrer schmerzhaften Suche nach Glück. Ein Debüt über die grosse Liebe und das Unerträgliche.

Lot Vekemans zeigt in ihrem Roman-Debüt «Ein Brautkleid aus Warschau», dass sie auch eine grossartige Erzählerin ist. Das liegt an der Treffsicherheit ihrer Sprache, das liegt daran, dass sie als Theaterfrau weiss, wo der Schmerz besonders tief sitzt.

Ein Porträt von Lot Vekemans.
Legende: Seit 1995 schreibt Lot Vekemans Theaterstücke. Sie sind in mehr als fünfzehn Sprachen übersetzt worden. Merlin Daleman

«Als wohne man im Herzen»

Marlena ist die Hauptfigur in Lot Vekemans Roman. Sie ist eine junge, schöne Polin, Mitte zwanzig, die sich in Warschau in einen Amerikaner verliebt.

«Ich war verliebt in Nathan, und Nathan war verliebt in mich. Ich wollte bei ihm bleiben, ich wollte ihn heiraten, ich wollte Kinder mit ihm habe, ich wollte alles. Man weiss es sofort, wenn es wahre Liebe ist. Sie steht sicher und fest wie ein Felsen in der Mitte eines Flusses und weicht selbst dem wildesten Toben nicht. Es ist, als sei man grösser als man selbst. Als wohne man im Herzen statt das Herz im Körper. Ja, genauso fühlte es sich mit Nathan an.»

Zwang zur Abtreibung

Marlena will alles vom Leben. Doch das Leben spielt nicht so, wie sie es sich erhofft. Dabei hat alles gut angefangen: Sie hat ihre grosse Liebe gefunden. Und tatsächlich erwartet sie von ihrem Liebsten schon bald ein Kind. Nur weiss der nichts davon.

Nathan musste unerwartet wegen einer dringenden Familiengeschichte zurück in die USA reisen. Jetzt will Marlenas Mutter sie zur Abtreibung zwingen.

Eine Braut im Katalog

Marlena ist verzweifelt. Sie will das Kind behalten und Nathan nach Amerika folgen. Doch ohne Visum und ohne Geld geht das nicht. Um ihr Kind zu behalten, ändert sie ihren Plan und lässt sich als Katalogbraut an einen Bauern aus Holland vermitteln.

Einer der wenig spricht, aber nicht auf den Kopf gefallen ist. Der macht ihr ein überraschendes Angebot: «Sie könne gehen oder bleiben. Wie sie wolle, aber wenn sie bleibe, dann sei er der Vater dieses Kinds.»

Tiefe Abgründe

Marlena bleibt und der Bauer und sein Sohn werden ein unzertrennliches Paar. Als Marlena aber nach acht Jahren in der Fremde erfährt, dass ihre Mutter in Polen im Sterben liegt, beschliesst sie mit ihrem Sohn dorthin zu fahren.

Dort angekommen, öffnen sich in Marlenas Seele Abgründe. Marlena wird sich bewusst, dass das Leben, von dem sie einst geträumt hatte, nicht das ist, was sie in Holland hat.

Buchhinweis

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Lot Vekemans: «Ein Brautkleid aus Warschau», Wallstein-Verlag, 2016.

Schmerz in drei Teilen

Genau von diesem Ausloten der Kluft, zwischen dem, was ist und dem was man sich vom Leben erhofft, handelt das Buch. Und diese Lektüre tut weh.

In starken, schneidenden Dialogen erzählt die Autorin aus drei verschiedenen Perspektiven von Marlenas schmerzhafter Suche nach dem Glück. Im ersten Teil ist es Marlena, im zweiten Teil ihr Mann, der holländische Bauer und im dritten und letzten Teil erzählt der Onkel von Nathan, seine Version der Geschichte.

Ein kluges Buch

Es ist, als ob man ein schwieriges Puzzle zusammenzusetzen hätte. Am Anfang tut man sich schwer, dann ergibt sich plötzlich ein klares Bild. Und so geht es einem auch mit Lot Vekemans Figuren. Es ist fast unerträglich mitanzusehen, wie sich diese gegenseitig um ihr Lebensglück bringen.

Allerdings spürt man bei der Lektüre dieses klugen Buchs von Lot Vekemans, dass es nie zu spät ist, dass auch Umwege zum Glück führen können.

Sendung: Radio SRF 2 Kultur, Kultur kompakt, 10.11.2017, 17:06 Uhr.

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