Felix Brenner erklärt uns mit Elvis Presley, der Jungfrau Maria und Vico Torriani die Welt. Er lässt die beiden Sänger und die Jungfrau die wildesten Abenteuer erleben, bis sie als Knechte des Kapitals in einer Waschmittelwerbung enden. Reinwaschung der Sünden inklusive.
Blödsinnig und absurd, so Michael Stauffer, sei Brenners Wahl der Figuren. Bloss: Das kümmert den Brenner wenig. Schliesslich hat jede Zeit die Heiligen, die sie verdient. Was wiederum den Stauffer in Rage bringt, schliesslich ist alles hohl. («Jawoll!», meint der eine.) Jede noch so originelle theologische Sinngebung muss da zwangsläufig ins Leere laufen. {«Blödsinn!», so der andere.} Dann übernimmt die Teilchenphysik.
Performance, Popmusik und Predigt
Da schenken sich zwei nichts, denn es geht um alles. Die Welt, wie sie zusammenhängt, und das ist beileibe noch nicht alles. Denn nicht zuletzt geht’s um die Kunst. Brenner und Stauffer sind Geschichtenerzähler, Prediger, Literaten und Performer. (Hört! Hört!) {Stimmt doch!} (Quark. Du bist ein Aussenseiter) {Künstler bin ich, bitt’schön!} Im gemeinsamen Hörspiel «Gottesteilchen» tragen sie ihre Kunst {eben! Da steht’s doch} in Konkurrenz vor.
Der Stauffer schimpft, der Brenner säuselt, der eine schreit, der andre singt, der eine sucht den Abschluss, der andere den Neuanfang. Und keiner kann in diesem Hörspiel ohne den anderen. Denn der Stauffer bezieht seinen Stoff vom Brenner. Und der Brenner braucht den Widerspruch des Stauffer, damit’s vorangeht mit seiner erzählten Theologie.
Verkehrte Welt
Da knallen zwei aufeinander und finden Verhältnisse vor, die nicht sind, wie sie sein sollten. Also stellen sie sie erst auf den Kopf und fahren sie dann an die Wand. {Bruchpilot bin ich nicht, bin ich nicht!} (Jetzt hör doch mal auf mit dem Scheiss!) {Bin ich nicht. Bin ich nicht.} Auf den Trümmern landet jedenfalls auch die herkömmliche Definition von Kunst: denn bei Brenner und Stauffer findet Kunst ausserhalb der Kategorien statt, die üblicherweise für sie in Anschlag gebracht werden.
Aussenseiter und Kunst
Das liegt am Brenner, der nebst einer Grafik-Ausbildung eine lange Drogen-Karriere vorweisen kann und eine Biographie voller Brüche. (Brüche ist ein schönes Wort. So aseptisch. So neutral.) {mit Seife lange reingewaschen!} Heimaufenthalte, Gefängnis, New York, Flucht nach Holland, Rückkehr in den Thurgau. Als Aussenseiter macht Brenner seit Jahren Kunst, die sich nicht von seinem Leben und nicht von seinen Räuschen unterscheidet: Lithografien, Radierungen, Videofilme, Radio-Sendungen, Musik-Performances entstehen weitab vom Fokus der Aufmerksamkeit. Und da kommt Stauffer ins Spiel.
Denn Kunst wird nicht allein durch Qualität zur Kunst erhoben, sondern dadurch, dass sie einer für den Kunstkontext entdeckt und hineinholt. (Kunstgeschichte, Semester 1. Dankeschön. Adiö.) Dabei entsteht Reibung und Verwirrung, schliesslich leben Aussenseiter nach den eigenen Regeln. Dennoch integriert sie der Kunstbetrieb ab und an. Denn was sie bieten, ist unerhört. Lange ist die Geschichte der Aussenseiter-Künstler, die übers Ohr gehauen wurden und ihre Blätter für ein Butterbrot verkauften. {Besser ist Bier!}
Die Gleichung der Wünsche ist komplex: Künstler sein und nicht Stadtoriginal. Ausserhalb der Gesellschaft stehen können und doch innerhalb rezipiert werden. Ein Werk schaffen, das mit allen Regeln bricht und nach den Regeln entlöhnt wird.
Stauffer kennt die Gleichung. Seit Jahren interessiert er sich für Outsider der Kunst und der Gesellschaft. Er holt sie rein in den Fokus der Aufmerksamkeit und bemüht sich doch darum, dass sie bleiben, wo sie sind. Bei sich. Dort, wo zwischen Utopie und Grössenwahn nicht unterschieden wird. (Das ist geklaut) {Hach. Zeter Mordio. Frei zitiert, nach: Markus Landert, Direktor des Kunstmuseums Thurgau.}
Die Zusammenarbeit von Felix Brenner und Michael Stauffer mündet jetzt in ein erstes gemeinsames Hörspiel «Gottesteilchen».