Wir schreiben Spätsommer 1929. Die Archimedes war an der Atlantikküste aufgebrochen und ist nun unterwegs Richtung Fernost. Allen Prognosen und sorgfältigen nautischen Berechnungen des Kapitäns zum Trotz geriet das Schiff in die Fänge der mörderischen Kräfte des tropischen Himmels. Diese Geschichte erzählt der englische Autor Richard Hughes in seinem Roman «In Bedrängnis» aus dem Jahr 1938. Er ist kürzlich in einer Neuübersetzung erschienen.
Es zischt und heult, die Elemente sind völlig ausser Kontrolle. Der ölbetriebene Frachtdampfer Archimedes steckt mitten im Herzen eines karibischen Hurrikans. Baumhohe Wellenbrecher krachen aufs Deck. Der einschraubige Turbinendampfer von 9000 Tonnen wird von dem Tohuwabohu völlig entfesselter Naturkräfte auf Biegen und Brechen drangsaliert. Im Laderaum sind Tabak und Papier eingelagert. Wenn Wasser eindringt, ist alles verloren.
Seenot-Drama entlarvt Fortschrittsglauben
Hughes war ein britischer Weltenbummler, dessen See- und Abenteuerromane oft mit den Arbeiten Joseph Conrads verglichen werden. Die Archimedes ist wohl ein technisches Meisterwerk, doch auch dieses hat Grenzen, wie der Besatzung gnadenlos bewusst wird. Von aussen drängt Meerwasser ins Schiffsinnere und dieses vermengt sich mit giftigem, siedend heissem Öl und dem Wasserdampf der Maschinen. Das soziale Gefüge der Mannschaft gerät unter Druck. Es bricht offener Rassismus aus.
Dieses Seenot-Drama entlarvt den Fortschrittsglauben, den die Archimedes verkörpert hat. «In Bedrängnis» ist ein Krisenroman, publiziert am Vorabend des Zweiten Weltkriegs, der bis heute die Konkurrenz des Films nicht zu scheuen braucht.