Angefangen hat alles mit einem Hauskauf. Stef Stauffer kommt in ein Dorf, in dem vor allem ältere Menschen leben. Viele Junge sind ausgewandert, haben ihr Glück anderswo gesucht. Diejenigen, die geblieben sind, kennen sich - und: In kürzester Zeit wissen sie Bescheid über die Auswärtige, die zugezogen ist. Doch auch Stef Stauffer interessiert sich für die neuen Nachbarn im Onsernone-Tal, und sie erfährt ihre Lebensgeschichten.
Leben ohne Luxus
Die meisten Dorfbewohner sind in den 1930er und 1940er Jahren aufgewachsen, und obwohl diese Zeit noch gar nicht so lange her ist, erscheinen die Berichte beinahe unglaublich. Wir hören von Küchen ohne fliessend Wasser, von kalten Zimmern im Winter, weil es keine Zentralheizungen gab - und von dunklen Stunden ohne elektrisches Licht.
Arm und glücklich
Licht hin oder her, Lesen war sowieso ein Luxus. Die Kinder mussten arbeiten und mithelfen. Holz schleppen, Wasser holen, Tiere hüten.
In jedem Kapitel des Buches erzählt eine Person aus ihrem Leben. Die Autorin hat viele Sätze in der direkten Rede belassen. Es ist fast so, als sässen einem die Menschen gegenüber. Die Bescheidenheit, mit der sie über ihre Kindheit erzählen berührt. Man spürt, dass sie sich gerne an die vergangenen Zeiten erinnern. Trotz der Armut, die sie beschreiben, trotz der Härte des täglichen Lebens wird nie Larmoyanz spürbar. Im Gegenteil, alle befragten Bewohner sagen, sie hätten eine glückliche Kindheit gehabt.
Herbe Heimat
Das Onsernone-Tal, das bei Intragna im Centovalli abzweigt, ist steil, die Talflanken unwegsam. Tief unten der Fluss Isorno, auf den Höhenterrassen kleben die Dörfer. Allein die Fahrt auf der kurvigen Strasse ins Tal hinein ist abenteuerlich. Beim Lesen des Buches lernt man eine Gegend kennen, die für die Einheimischen eine andere Bedeutung hat, als für Touristen.
Gegen das Vergessen
Viele Geschichten in «Steile Welt» berichten über eine Zeit, die verschwunden ist, von Entbehrungen, die früher alltäglich waren. Der Wohlstand heute erscheint vielen als selbstverständlich. Umso wichtiger ist es deshalb, dass die Geschichten aus dem Onsernone-Tal nicht vergessen gehen. Das Buch von Stef Stauffer trägt dazu bei.