«Die Chefin verzichtet» heisst Max Goldts neues Buch. Ein sehr schöner, maliziöser Titel für diese Sammlung von Texten aus den Jahren 2009 bis 2012. Texte, die etwa «recht coole Interviewantworten» geben, «ohne die dazugehörigen dummen Fragen» zu stellen. Texte, die von Loriots «reinweisser Weste» handeln oder von einer «Seilbahnfahrt mit christlichen Fundamentalisten».
Quatschen und Meinen
Max Goldt hat ein unnachahmliches Gespür für gute Titel, aber die Inhalte seiner Bücher sind ihnen ebenbürtig. Seine Essays, Glossen und Szenen aus dem alltäglichen Leben sind witzig und böse zugleich. Sie zielen auf die Welt des «allgemeinen Quatschens und Meinens», aber auch auf das Fühlen und Denken dahinter. Sie sind Bewusstseinskritik in Erzählform, leichthändig und scharfsinnig:
Max Goldt fehlt der Hass
Man hat den Autor Goldt auch schon mit Karl Kraus verglichen. Aber dem Berliner fehlt dafür der Hass, der tiefe Hass auf seine Zeit. Goldt ist eher melancholisch veranlagt, wenn er zum Beispiel die Begriffe «Spiesser» und «Kleinbürger» ergründet und aktuell neudefiniert. Seine Sprach- und Stilkritik ist dabei sprachlich fein gefügt. Bei aller Bescheidenheit geht es ihm grundsätzlich um den Stil - den Stil, der die Menschen macht.
Das Missverständnis mit Max Goldt
Goldt ist ein genauer Beobachter von Alltagszenen und Alltagskultur. Irgendwie ist heute alles Pop. Popkultur, die für Max Goldt jeden ernsthaften Anspruch eingebüsst hat. Das ist gar nicht lustig. Dass Goldt vor allem lustig sei, ist ein Missverständnis. Es liegt ein böser Witz in seinen Betrachtungen, aber lustig sind sie nicht.
Max Goldt ist ein Weltverbesserer, dem schon diese Vokabel peinlich wäre. Da verzichtet er lieber. Worauf «die Chefin verzichtet», sei hier nicht verraten. Das muss man lesen.