Wie schon die Titel zeigen, war der «british touch» ein Muss: Es handelt sich um klassische Detektiv-Geschichten von britischen Autoren, die nach dem Whodunnit-Prinzip funktionieren: Wer ist der Täter?
Cox damals...
Wie weit diese Anglophilie ging, illustriert die Vorgeschichte zur ersten Paul Cox-Staffel: Das Manuskript von Autor Rolf Becker wurde zuerst vom Nordwestdeutschen Rundfunk (NWDR) abgelehnt – Deutsche könnten schliesslich keine Krimis schreiben. Becker behalf sich, indem er Paul Cox noch einmal vorschlug, diesmal als Krimi von «Malcolm F. Browne», und sich als dessen Übersetzer ausgab. «Malcolm F. Browne» war aber der Name von Beckers englischem Onkel, also nichts anderes als ein Pseudonym.
Der Plan ging auf: Paul Cox wurde ein Erfolg, auf die erste Staffel folgten zwei weitere, sowie Hörspielproduktionen vom Bayerischen, Österreichischen und sogar dem Norwegischen Rundfunk, ein Kinofilm mit Johannes Heesters und eine Fernsehserie mit 26 Folgen. Das Schweizer Radio und Fernsehen produzierte von 1956 bis 1969 fünf Staffeln. Das «Gestatten» im Titel liess man aber weg; es klang wohl «zu preussisch».
Moralische Bedenken
Von den Kritikern jedoch wurde der Krimi-Boom abgelehnt: Die Radioserien wurden abgetan als «Kriminalreisser», «Kriminalschmarrenfolgen», «Konsumfortsetzungshörspiel». Man sah die «sang- und klanglose Kapitulation» des künstlerisch-wertvollen Originalhörspiels aufziehen, was unvermeidlich zur «Austrocknung des allgemeinen Kulturlebens» führen müsste. In der Aachener Volkszeitung wurden – fünf Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs – sogar moralische Bedenken geäussert:
«Mag endlich sein, dass dort ein Pistolenschuss noch Nervenkitzel bedeuten konnte, wo man das Grauen des Todes selten und nur aus der Entfernung erlebte. Aber sollte man in der Tat auch heute noch (oder schon wieder?) ernsthaft Lust verspüren nach dem Verwesungsgeruch von Leichen? Oder nach dem, ach so wohltuend-erregenden, Knallen von Pistolenschüssen oder dem Röcheln eines Verendenden?»
Aber wie sahen es die Hörer? Der Nordwestdeutsche Rundfunk wollte es genau wissen und führte 1954 eine der frühesten Hörerbefragungen überhaupt durch und zwar zu Paul Cox. Das Ergebnis: 52 Prozent des gesamten Publikums waren Cox-Hörer – von den wiederum 85 Prozent begeisterte.
Es wurde auch nach Stärken und Schwächen der Krimiserie gefragt. Die Hörer benannten gegen Paul Cox: zu aufregend, zu übertrieben, zu plump, Cox zu genial und die Polizei zu dumm. Für Paul Cox: ungeheuer spannend, aufregend bis zum Schluss, realistische Darstellung, es gab so viele Überraschungen, meistens kam es anders als man dachte.
… Cox heute
Auch heute noch faszinieren die Geschichten um Paul Cox: Wie der Lebemann und notorische Spieler Mal für Mal in Morde verwickelt, und sogar verdächtigt wird. Wie der Privatdetektiv Richardson ihm hilft, seine Unschuld zu beweisen, während ihm Scotland Yard mit Inspektor Carter auf den Fersen ist. Und wie die Frauen mit Cox ihr Spiel spielen.
So auch in der SRF-Produktion von 1963: Paul Cox sitzt wegen einer Autopanne in einem verschlafenen englischen Städtchen fest. Als die sprunghafte Winnie ihn in ein illegales Spielcasino einlädt, willigt Cox gern ein. Aus dem Spielchen wird ein vermeintlicher Geheimauftrag für Scotland Yard, und mir nichts, dir nichts sitzt Cox hinter Gittern – für einen Mord, den er nicht begangen hat.
Die Produktion von Hans Hausmann besticht besonders durch das Zusammenspiel der Sprecher: Hans Helmut Dickow gibt einen so gutgläubigen wie charmanten Paul Cox: «Ein welterfahrener erwachsener Mann wurde von einem kleinen Mädchen um den Finger gewickelt. Rümpfen Sie jetzt nicht empört die Nase: Ich behaupte ja gar nicht, dass ich mich nicht um den Finger lassen wollte». Und Karola Ebeling als Winnie wechselt die Namen wie die Launen: «Heute heisse ich Corinna. Gefällt Ihnen der Name nicht? Er klingt vielleicht etwas melancholisch, aber er passt zu meiner heutigen Stimmung.»
Nicht zuletzt hat Paul Cox auch einen nostalgischen Reiz: Wegen der Swing-Musik von Hans Moeckel und dem Unterhaltungsorchester Beromünster. Weil man statt «das Photo» noch «die Photo» sagt, weil bei jeder Gelegenheit Whisky getrunken wird und die Antwort auf die Frage «Darf ich rauchen?» lautet: «Ja, natürlich». Und weil es eine echte detective story ist, mit dem richtigen Schuss Ironie. Mit Scotland Yard, nebligen Landstrassen und einem Gärtner, der seine eigene Leiche per Paket verschickt.