Jeder Roman des Skandalautors Michel Houellebecq sorgt in Frankreich für Aufmerksamkeit. Houellebecq liebt es, mit geläufigen Tabus und Denkmustern zu brechen. So schürte auch sein letzter Roman «Unterwerfung» die heftige Debatte um die Stellung des Islam im Land – und in ganz Europa.
Nun wurde der französische Schriftsteller mit dem Frank-Schirrmacher-Preis ausgezeichnet. Der Preis ist mit 20'000 Franken dotiert und wird Ende September in Berlin verliehen.
Spiel mit kollektiver Angst
Das Szenario, das Michel Houellebecq in seinem Roman «Unterwerfung» (im Original: «Soumission») entwarf, geht wohl selbst über die Vorstellung der verwirrtesten Pegida-Anhänger hinaus: In Frankreich wird anno 2022 ein Muslim Präsident. Houellebecq spielt in seinem Roman mit der kollektiven Angst vor der Islamisierung des Abendlandes und zeichnet das Bild einer friedlichen, politisch moderaten Islamisierung Frankreichs.
Kein Wunder, warf das Buch noch vor seiner Veröffentlichung letztes Jahr hohe Wellen. Houellebecq gilt als «enfant terrible» des französischen Literaturbetriebs: Bereits 2001 stiess er vor den Kopf mit seinem Buch «Plattform» und der Beschönigung des Sextourismus in Thailand.
Alles ernst gemeint?
Rebellion und Trauer waren immer in Houellebecqs Büchern. Antiliberal, antiislamisch, sexistisch, es war alles dabei. War das immer ernst gemeint, oder alles Pose? Unklar ist es bis heute. Und Houellebecq hat viel dafür getan, dass es so blieb.
Notorisch düster ist die Linse, durch die Houellebecq auf die Welt blickt: in seinen Romanen, wie in den Interviews, die er gab – und auch in seinen Gedichten. 2014 überraschte er mit dem Lyrikband «Gestalt des letzten Ufers» . Die Gedichte handeln von Sex und Tod, vom Verschwinden und der Abwesenheit, von der Leere und der Langeweile.
Michel Houellebecq ist auch ein grosser Stilist. Das wird gern übersehen. Da ist das Einfache eben nicht einfach – und das Schwere soll einfach klingen.
Sendung: Kultur kompakt, 16. Juni 2016, 6:02 Uhr